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Kann es doch HSP sein? Welches Gen?

BeitragVerfasst: Mo 6. Apr 2020, 13:10
von Theophilus
Hallo miteinander,
Ich möchte mich Euch als erstes kurz vorstellen: Ich bin 60 Jahre alt und seit zwei Monaten Rentner mit voller EM-Rente. Seit ca. 14 Jahren leide ich an einer langsam progressiven beinbetonten Spastik und bin inzwischen dauerhaft auf einen Rollator angewiesen, mein Rollstuhl ist verordnet und wird demnächst geliefert.
Klinik: ausgeprägte beinbetonte Tetraspastik, ausgeprägte Dysarthophonie mit dezenter Dysphagie. CT, MRT, Blut, Liquor unauffällig, EMG neurogener Umbau in den Beinen, keine Spontanaktivitäten, keine Faszikulationen, leichte Fibrillationen der Zunge, keine Paresen, keine Artrophien, gesteigerte Reflexe und Reflexzonen. Medikation: Seit ca. 12 Jahren Baclofen und Rilutek, intrathekales Kortison (hilft toll gegen die Beinspastik), diverse Medikationen über die Jahre ausprobiert (u.a. Sativex). Erstdiagnose war spastische Spinalparalyse. Genetische Testung SPG4 ohne Befund, Familiengenese über drei Generationen leer. DD: Motoneuronenerkrankung des oberen Motoneurons.
Das war das wesentliche.
Meine Frage an alle, die ein ähnliches Krankheitsbild haben: Was hat eine genetische Testung bei Euch ergeben? Welches Gen könnte verantwortlich sein?
Bleibt gesund
Theophilus

Re: Kann es doch HSP sein? Welches Gen?

BeitragVerfasst: Mo 6. Apr 2020, 16:52
von Rudi
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Hallo Theophilus,

zunächst ein herzliches Willkommen hier bei uns im Forum „Ge(h)n mit HSP“.

Du schreibst, dass bei dir das SPG4-Gen getestet wurde, und dass dort keine Mutation vorliegt. Es ist sicher notwendig, dass du einmal eine komplette Überprüfung der aktuell bekannten HSP-Gene vornehmen lässt. Derzeit kennt man circa 100 solcher Gene. Forscher gehen aber davon aus, dass es etwa 200 dieser Gene geben wird. Das bedeutet, dass du auch bei einer kompletten Untersuchung nicht zu 100% sicher sein kannst, ein Ergebnis zu bekommen. Aktuell haben gut 30% unter uns noch kein Ergebnis.

Du schreibst weiter, dass es in deiner Familie bisher keine Verwandten gibt, die eine HSP-Symptomatik zeigen. Eine mögliche Ursache dafür kann sein, dass sich bei dir eine Spontanmutation eingestellt hat. Dann wärest du der „Patient eins“ einer neuen Reihe. Wahrscheinlicher ist es aber, dass du von einer rezessiven Form der HSP betroffen bist. Bei diesen Formen zeigen beide Elternteile keine Symptome, sie sind aber Träger der Mutation. Erklärung dazu findest du
hier.

Du schreibst, dass du eine „ausgeprägte Dysarthophonie mit dezenter Dysphagie“ hast. Da liegt es nahe, einmal das rezessive Gen SPG11 prüfen zu lassen. Hier wird nämlich beschrieben, dass in Einzelfällen eine Pseudobulbär-Symptomatik mit Dysarthrie und Dysphagie, eine Spastik auch der oberen Extremitäten, Blasenstörungen und eine axonale motorische oder sensomotorische Neuropathie vorkommen kann. Der zeitliche Beginn deiner Symptomatik spricht zwar nicht unbedingt dafür, da SPG11 häufig früh auftritt. Dennoch ist es sinnvoll, das zu prüfen. Geht z.B. sehr gut an der
Uniklinik zu Erlangen bei Herrn Dr. Regensburger, der zahlreiche SPG11-Patienten betreut.

In unserer Seite zu den
"Häufigen Fragen" ist über den Punkt "06.b (α) Stets aktualisierte Liste der bekannten HSP-Gene" eine Seite aufrufbar, in der du umfangreiche und gute Infos zu den HSP-Genen findest.

Soweit fürs erste. Bei weiteren Fragen melde dich bitte!

Herzliche Grüße
Rudi




Re: Kann es doch HSP sein? Welches Gen?

BeitragVerfasst: Di 7. Apr 2020, 08:22
von Theophilus
Hallo Rudi,

Danke für Dein Willkommen sowie für Dein Mitdenken und Deinen Rat!

Von den anderen Forums-Mitgliedern erhoffe ich mir noch weiteres Feedback zu meinem Krankheitsbild und möglichen Genen, die dafür verantwortlich sein könnten, damit man gezielter testen kann.

Meine Uni-Klinik, in der ich ambulant und stationär in Behandlung bin, hat auch eine HSP-Ambulanz. Ich hatte mir vorgenommen, diese bei meinem nächsten turnusmäßigen stationären Aufenthalt gesondert auf eine Testung anzusprechen. Allerdings ist mein letzter Termin wegen Corona abgesagt worden.

Dir wünsche ich Gesundheit in dieser schwierigen Zeit und
ein frohes Osterfest

Theophilus

Re: Kann es doch HSP sein? Welches Gen?

BeitragVerfasst: Di 7. Apr 2020, 09:27
von Rudi
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Hallo Theophilus,

gehe bitte davon aus, dass du eine Klärung zu deinem HSP-Gen wirklich nur über eine Gendiagnose erhalten kannst. Das Problem bei der HSP ist es nämlich, dass es trotz der so vielen unterschiedlichen Gene keine klare Diagnose nur über die Symptome gibt. Die Symptome fallen beim gleichen Gen unterschiedlich stark aus, sind bei einzelnen HSP'lern gar nicht vorhanden oder sind bei anderen extrem stark ausgeprägt. Die Beschreibungen von einzelnen HSP'lern zu den eigenen Symptomen haben für dich nur einen begrenzten Aussagewert.

Die Gendiagnostik ist heute so weit, dass du in einer Prüfung alle HSP-Gene untersuchen lassen kannst. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen das im Regelfall. Bei den privaten Kassen ist es immer ein intensiver Kampf.

Da du aus Paderborn kommst, rate ich dir, Herrn Prof. Dr. Stephan Klebe an der Uniklinik Essen aufzusuchen. Prof Klebe ist seit Jahren auf die HSP spezialisiert. Er hat dazu im In- und Ausland gearbeitet und geforscht. Klicke in unserer Seite zu den
HSP-Ambulanzen bitte auf Essen. Du kannst dich im Gespräch mit Prof. Klebe gerne auf mich (Rudi Kleinsorge) berufen.

Herzliche Grüße und bleib gesund
Rudi




Re: Kann es doch HSP sein? Welches Gen?

BeitragVerfasst: Di 7. Apr 2020, 09:49
von Theophilus
Hallo Rudi,

sobald in den Kliniken der Normalbetrieb wieder herrscht, gehe ich das an. Muss aber erst von meiner PKV grünes Licht bekommen.

Beste Grüße
Theophilus