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Neurofilamente

BeitragVerfasst: Di 29. Sep 2020, 06:05
von BeSa
Hallo,
sind die Neurofilamente im Liqor bei HSP auch wie bei ALS/PLS erhöht und wenn ja, sagt der Wert auch hier etwas über die Schnelle des Verlaufs aus ?
Viele Grüße Sabine

Re: Neurofilamente

BeitragVerfasst: Di 29. Sep 2020, 15:22
von Rudi
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Hallo Sabine,

danke für deine Frage. Es gibt tatsächlich Untersuchungen zu den Neurofilamenten bei HSP. Diese Arbeit befasst sich jedoch nicht mit dem Liquor sondern mit dem Serum.

Du findest die Arbeit hier in
Google-Übersetzung und hier im Original.

Die Arbeit ist noch recht jung. Sie stammt aus dem Jahr 2018. Ich zitiere hier einen Satz, aus dem du den Schwerpunkt der Arbeit gute erkennst.
"Serum-NfL könnte als Biomarker bei HSP dienen, der auf neuronale Schäden und, wenn dies in Längsrichtung bestätigt wird, auf das Fortschreiten der Krankheit hinweist. Es könnte auch die Unterscheidung von HSP und ALS unterstützen." NfL wird als Zerfallsprodukt beim Untergang von Axonen freigesetzt und gelangt so in den Liquor. Es tritt zu kleinen Teilen auch aus dem Liquor in das Blut über und kann dort -also im Serum- nachgewiesen werden.

Im Abschnitt "Diskussion" aus der oben zitierten Arbeit heißt es:

    Die Feststellung einer Zunahme eines Biomarkers ist die notwendige Voraussetzung dafür, dass ein Biomarker als Marker für das Fortschreiten der Krankheit und / oder das Ansprechen auf die Therapie innerhalb des intraindividuellen Krankheitsverlaufs dient. In der Tat fanden wir hier, dass der NfL-Anstieg in der HSP-Kohorte mit dem Fortschreiten der Querschnittserkrankung der Patienten korrelierte, wie definiert 20durch den Quotienten aus Schweregrad der Erkrankung (dh SPRS-Score) und Krankheitsdauer. Dies liefert erste Hinweise darauf, dass Serum-NfL auch als Biomarker für das Fortschreiten der Krankheit bei HSP dienen könnte. Wenn Längsschnittstudien unsere Querschnittsergebnisse bestätigen, könnte NfL dazu beitragen, den Beginn und das Fortschreiten der Neurodegeneration in naturhistorischen Studien zu HSP, möglicherweise sogar in der präklinischen Phase des genetischen HSP, zu schichten und das Ansprechen auf die Therapie in einer zukünftigen genotypspezifischen Behandlung zu dokumentieren Studien. Daher ist weitere longitudinale und genotypspezifische Forschung erforderlich und von großem Interesse, um NfL als Biomarker für die Schwere und das Fortschreiten der Erkrankung bei HSP zu untersuchen, idealerweise auch Untersuchungen von präsymptomatischen HSP-Mutationsträgern.

Du erkennst, dass es auf deine Frage noch keine klare Antwort gibt; es wird stattdessen von "ersten Hinweisen". Für klare Ergebnisse sind weitere Forschungen erforderlich. Du siehst es aber auch hier, wie vielfältig und wie intensiv an der HSP geforscht wird. Wir können natürlich -wie bei allen Seltenen- nur dann weiterkommen, wenn wir uns selbst engagieren!

Herzliche Grüße
Rudi




Re: Neurofilamente

BeitragVerfasst: Di 29. Sep 2020, 22:27
von BeSa
Hallo Rudi,

herzlichen Dank für deine Antwort.

Leider wurde bei mir nur der Liquor-Neurofilament-Wert, der signifikant erhöht ist, bestimmt und nicht der vom Serum.
Da bei mir immer noch nicht feststeht, ob ich HSP oder PLS habe, dachte ich, dass eventuell die Neurofilamente einen Hinweis geben könnten, falls sie z.B. bei der PLS erhöht sind und bei der HSP nicht.

Das ist auf jeden Fall ein sehr interessanter Artikel und hoffentlich macht die Forschung weiterhin Fortschritte.

Herzliche Grüße und vielen Dank
Sabine

Re: Neurofilamente

BeitragVerfasst: Do 15. Okt 2020, 10:22
von Rudi
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Hallo Sabine,

da liegt bei dir vermutlich ein Missverständnis vor. Der Wert zu den Neurofilamenten im Liquor ist der wesentlich genauere Wert. Kurz zur Erklärung:

Der Liquor ist eine Körperflüssigkeit, die das Zentralnervensystem (Gehirn und Rückenmark) umgibt. Er umgibt also auch die Bereiche, die bei unserer HSP geschädigt sind. Die Schädigung erzeugt eine Degeneration, also einen Rückbau, der Nervenbahnen, also der Axone. Bei diesem Rückbau wird das Axon zerstört. Dabei werden die Neurofilamente freigesetzt. Neurofilamente sind der maßgeblich Struktur-bestimmenden Bestandteil der Axone von Nervenzellen. Sie sind nun bei uns im Liquor zu finden und sind dort auch messbar. Ein minimal Anteil dieser Neurofilamente gelangt durch die Bluthirnschranke (quasi von innen nach außen) ins Blut. Das ist jedoch nur ein extrem kleiner Teil. Er macht im Blut zwar nichts, ist dort im Serum aber mit hohem Aufwand messbar. Es leuchtet aber sicher ein, dass die Aussagekraft im Liquor wesentlich besser ist, als im Serum.

Die ganze Analysearbeit soll dabei helfen, die HSP früher als bislang möglich zu diagnostizieren. Die Mediziner sprechen hier von sogenannten Biomarkern. Biomarker sollen Bestandteil der Routineuntersuchungen werden, die jeder Gesunde bei seinem Arzt macht. Vergleiche es einfach einmal mit einem Untersuchungswert im Blutbild, das du bei Hausarzt machen lässt. Die HSP-Biomarker entstehen bereits ganz zu Beginn des Degenerationsprozesses, der unsere HSP-Symptome verursacht. Das ist also viele Jahre bevor wir die Krankheit spüren. Die Hoffnung ist, dass ein sehr frühes Erkennen der HSP für den Patienten Vorteile in einer rechtzeitigen Behandlung bietet. Zudem sollen so die Betroffenen sehr früh -also vor dem Auftreten erster Symptome- in die Lage versetzt werden, ihr Leben den Folgen der HSP anzupassen.

Natürlich wäre es unsinnig, die aufwändige Liquor-Untersuchung bei jedem durchzuführen. Sollte aber die Untersuchung des Blutserums die Neurofilamente zeigen, so wäre das ein sehr einfacher und effektiver Weg, sehr früh gezielt die HSP zu verfolgen.

Ich hoffe, es ist dir ersichtlich, warum es kein Nachteil für dich ist, dass der Nachweis deiner Neurofilamente im Liquor und nicht im Serum gemacht wurde.

Herzliche Grüße
Rudi




Re: Neurofilamente

BeitragVerfasst: Do 15. Okt 2020, 11:07
von BeSa
Hallo Rudi,

ganz herzlichen Dank für deine sehr ausführliche Erklärung.

Da die Neurofilamente im Liquor bei HSP und PLS erhöht sind, kann dies also nicht zur Unterscheidung herangezogen werden, wenn sich die Ärzte uneins sind.

Das wäre wirklich eine sehr gute Sache, wenn man dann durch eine einfache Blutabnahme zuverlässig, anhand dieser Biomarker, zeitiger mit der Therapie beginnen kann.

Viele liebe Grüße
Sabine