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Organspende

BeitragVerfasst: Sa 2. Jun 2012, 15:33
von Bernhard
Hallo zusammen,

was habt ihr für Gedanken / Vorstellungen / Meinungen zum Thema Organspende auch bzgl. der HSP?

Ich bin bereit, Organe zu spenden, soweit sie Verwendung finden können. Aber ich bezweifele, ob jemand genetisch hereditär verseuchte Organe haben will. Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an meine Typisierung und Registrierung als Stammzellenspender. Irgendwann rief die Medizinische Hochschule Hannover an und sagte, ich wäre evtl. für eine Spende vorgesehen. Ich erzählte von meinem Befund. Da machte die MHH einen Rückzieher, verzichtete auf meine Spende und strich aus der Typisierungs- und Spenderliste.

Ich muss das Thema in nächster Zeit mit meinem Neurologen besprechen, ich erzähle dann hier das Ergebnis. Wie steht ihr zu diesem Thema?

Re: Organspende

BeitragVerfasst: Sa 2. Jun 2012, 17:48
von Doris & Hubertus
Hallo zusammen,

vor ca. 10 Jahren bin ich aufgrund einer Typisierungsaktion an unserer Berufsschule (ein Schüler war an Leukämie erkrankt) auch auf die Organspende aufmerksam geworden. Seit dem besitze ich einen Organspendeausweis.

Ich meine aber mich zu erinnern letztens bei einer Recherche gelesen zu haben, dass man selbst als Blutspender - im Falle einer HSP - dann nicht mehr in Frage käme?? Geschweige denn als Organspender??
Da bei unserem Hubertus ja noch keine genaue Diagnose vorliegt, behalte ich vorerst den Organspendeausweis. Ansonsten ist es evtl. ratsam eine humangenetische Beratung in Anspruch zu nehmen und dabei das Thema Organspende, Blutspende, Knochenmarksspende mit den Fachärzten zu klären.
Während des Studiums habe ich regelmäßig Blut gespendet am Bonner Klinikum. Ich glaube, dass die damals sicherlich schon etwas mitgeteilt hätten, wenn mit meinem Blut etwas nicht in Ordnung gewesen wäre...

Viele Grüße aus Unna
Doris & Hubertus

Re: Organspende

BeitragVerfasst: Sa 2. Jun 2012, 21:34
von Rudi
Hallo zusammen,

das Thema "Organspende" ist ja durch die politische Entscheidung in der letzten Woche in den Focus gerückt. Bitte versucht, das angesprochene Thema "Blutspende" nur im Zusammenhang mit einer solchen Blutspende zu sehen, es nicht mit einer Organspende zu vergleichen. Kurz zur Blutspende: Die Blutspende von HSP'lern ist in vielen Ländern erlaubt. In Deutschland ist sie es nicht. Die Begründung dafür ist sehr einfach und auch nachvollziehbar: Wenn jemand Blut spendet, dann schwächt er für einen bestimmten Zeitraum seinen Körper. Diese Schwächung des Körpers könnte in Kombination mit den Symptomen der HSP für den Blutspender problematisch werden. Das könnte sich z.B. auf dem Weg von der Blutspende in die heimische Wohnung negativ darstellen. Deshalb ist in Deutschland entschieden worden, dass HSP'ler kein Blut spenden dürfen. Es ist nur der Gedanke, den Spender zu schützen. Das abgenommene Blut wäre für den Empfänger komplett unproblematisch. Die HSP ist ja nicht ansteckend. (Ansteckung und Vererbung sind zum Glück nicht das Gleiche). Nach meinem Wissen ist es z.B. in den USA auch als HSP'ler erlaubt, Blut zu spenden. Ich hatte an anderer Stelle auf die Seite der amerikanischen Selbsthilfegruppe hingewiesen. Dort stellt Prof. Dr. Fink (Michigan) das eindeutig klar.

Ich vermute, dass auch eine Organspende eines HSP'lers unproblematisch ist. Schließlich gibt es viele genetische Mutationen(auch bei der HSP!!), die sich noch nicht nachweisen lassen . Das wäre dann doch ein unkalkulierbares Risiko für den Empfänger, oder?? Ich wiederhole es aber sehr gerne nochmals, dass die HSP nicht ansteckend ist. Ich hatte zuvor gesagt, dass ich "vermute", dass die Organspende eines HSP'lers unproblematisch ist. Ich bin mir sicher, dass sich das sehr leicht klären lassen wird. Ich kann es mir gut vorstellen, dass es unterschiedliche Aussagen zur Spende von "Stammzellen" und von "Organen" geben könnte. Vielleicht hat jemand Interesse daran, das einmal per Internet und / oder per Arztgespräch endgültig zu klären.

Ich freue mich, dazu hier Klärendes zu lesen.

Gruß
Rudi

Organspende zur HSP Forschung

BeitragVerfasst: Sa 2. Jun 2012, 23:50
von Bettina
Ich denke mal, dass sich in jedem Fall die Forschung einer Spende der wie Bernhard sagt "genetisch verseuchten Organe" zu Forschungswecken annehmen würde.

Dies muß dann auch wie bei der Organspende zu Lebzeiten schriftlich fixiert worden sein.

Es soll dazu auch eine Anlaufstelle und ein Formular geben. Mir ist diese Anlaufstelle leider nicht bekannt.

Einen Organspenderausweis kann jeder ausfüllen. In diesem Ausweis wird nicht danach gefragt- und es werden auch im Vorfeld keine Untersuchungen gemacht. Diese Fragen werden meineserachtens erst im tatsächlichen Todesfall gestellt.Im Endeffekt muß dann wohl im Falle eines Falles entschieden werden, ob ein Patient Organe eines HSP-Patienten erhalten kann oder darf. Meistens geht es ja bei den Empfängern auch um Leben oder Tod- da ist es dann vielleicht erstmal nur wichtig am Leben zu bleiben. Das Thema HSP des Spenders könnte ich mir dann als zweitrangig vorstellen. Zumal die Nieren und die Lunge ja z.B. nicht zum zentralen Nervensystem gehören und dann die HSP vielleicht bei der Organspende keine Bedeutung haben würde.

Bettina

Re: Organspende

BeitragVerfasst: Di 5. Jun 2012, 11:45
von Rudi
Hallo zusammen,

das Thema Organspende, konnte ja aus verständlichen Gründen im Zusammenhang mit unserer HSP von uns selbst nicht so ganz leicht gelöst werden. Weil dieses Thema aber auch für jeden von uns einen immer höheren Stellenwert bekommt, habe ich die „Deutsche Stiftung Organtransplantation“ angeschrieben und habe sehr schnell eine Antwort erhalten. Diese Antwort ist sehr eindeutig und sehr klar. Ich habe die Kernaussage farbig markiert. Das Positive daran ist, dass wir trotz unserer HSP "ganz normale Menschen" sind. Das ist doch prima, und überrascht uns natürlich nicht!!!

Unten meine Anfrage vom 3. Mai und anschließend die Antwort der Stiftung vom 5. Mai. Die Stiftung ist über das Internet in der Seite http://www.dso.de/ zu finden.

Gruß
Rudi
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P.S.: Herzlichen Dank an jeden, der sich schon engagiert, um Verbesserungen und Fortschritte bei der HSP zu erreichen. Wenn du auch mitmachen willst, dann melde dich bitte bei mir. Tel.: 07033-36353

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Sehr geehrte Damen und Herren,

ich melde mich bei Ihnen als Patientenvertreter einer Gruppe von Menschen mit einer seltenen, genetisch bedingten Erkrankung. Wir versuchen für unserem Kreis derzeit herauszufinden, ob bei unserer Erkrankung eine Organspende überhaupt zulässig ist, ob wir also Organe spenden dürfen.

Bei unserer Krankheit handelt es sich um die "Hereditäre Spastische Spinalparalyse" (kurz HSP). Bedingt durch eine genetische Mutation degeneriert ein Nerv im Tractus Corticospinalis. In Folge werden die neuronalen Bewegungsimpulse im ersten Motoneuron gestört weitergeleitet, so dass das Bewegungsvermögen der Betroffenen langsam aber kontinuierlich schlechter wird. Spastische Reaktionen des Körpers an den Beinen und sich einstellende Lähmungserscheinungen der Beine sind die Folge. Die Krankheit verkürzt das Leben nicht. (Siehe z.B.: http://www.medizin.uni-tuebingen.de/Pat ... alyse.html)

Ich bin Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir für die Gruppe der HSP-Erkrankten mitteilen können, ob wir als Organspender in Frage kommen, oder ob wir als Träger einer seltenen Erbkrankheit ausgeschlossen sind.

Herzlichen Dank für Ihre Mühen und viele Grüße
Rudolf Kleinsorge
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Sehr geehrter Herr Kleinsorge,

vielen Dank für Ihr Interesse am Thema Organspende und Ihre Anfrage vom 3. Juni 2012. Folgendes zu Ihrer Frage:

Derzeit ist eine Organentnahme ausgeschlossen, wenn der Organspender an einer akuten Krebserkrankung leidet oder ein HIV-positiver Befund vorliegt. Bei allen anderen Erkrankungen entscheiden die Ärzte nach vorliegenden Befunden, ob Organe für eine Entnahme in Frage kommen. Hereditäre Spastische Spinalparalyse stellt keine Kontraindikation für eine Organspende dar. Zur Transplantation freigegegebene Organe werden zum Entnahmezeitpunkt genauestens untersucht. Es ist deshalb auf alle Fälle ratsam, die Erkrankung auf dem Organspendeausweis zu vermerken. Hierzu eignet sich der Punkt „Anmerkungen/besondere Hinweise“.

Ich hoffe wir konnten Ihre Anfrage umfassend beantworten.

Für Rückfragen steht Ihnen unter der gebührenfreien Rufnummer 0800/90 40 400 das Infotelefon Organspende gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Brigitte Lenzky-Roth

DEUTSCHE STIFTUNG
ORGANTRANSPLANTATION

Re: Organspende

BeitragVerfasst: Di 5. Jun 2012, 13:09
von Thorsten
Hallo zusammen,

ich habe mich bei der Gesundheitsbehörde Organspende Hamburg beraten lassen
und die sagten mir das es ohne probleme machbar wäre man könne/sollte nur unter
den Punkt Anmerkung/Besondere Hinweise unsere Krankheit vermerken.

Ich habe jetzt so ein Ausweis und habe es getan.

Gruss
Thorsten

Re: Organspende

BeitragVerfasst: Fr 8. Jun 2012, 16:02
von Bernhard
Hallo zusammen,

vielen Dank an Rudi, der sich kümmert. Die Antwort der Stiftung stellt alles klar. Danke auch an Thorsten und alle anderen, die sich mit dem Thema beschäftigen.

Re: Organspende

BeitragVerfasst: Fr 20. Jul 2012, 10:10
von Manu
Hallo zusammen,
ich habe seit etwa 20 Jahren einen Organspenderausweis und bin noch nie auf die Idee gekommen, dass man wegen der HSP meine Organe nicht entnehmen würde. Besser ein „angeschlagenes“ Organ als gar keines und wenn es nur als Übergangslösung hilft. Viele Menschen warten schon jahrelang auf ein Spenderorgan und sterben, wenn sie keins bekommen. Als „verseucht“ würde ich meine Organe auch nicht bezeichnen. Wer sagt denn, dass Herz, Niere, Lunge etc. nicht noch in Ordnung sind? Ich hätte ein gutes Gefühl dabei, einem anderen Menschen zumindest eine zeitlang sein Leben zu erleichtern oder gar zu retten.

Ich schreibe nur noch sehr selten, aber über das klitzekleine Wörtchen „verseucht“ habe ich mich maßlos geärgert. Haben wir die Pest, die Lepra oder die Cholera? Erinnert mich irgendwie an das Buch, welches ich zuletzt gelesen habe:
Annas Spuren – Ein Opfer der NS-Euthanasie
(von Sigrid Falkenstein unter Mitarbeit von Prof. Dr. Dr. Frank Schneider)
Man(n) sollte dieses Buch mal lesen.

Liebe Grüße

Re: Organspende

BeitragVerfasst: Fr 20. Jul 2012, 11:33
von Lars
Hallo Manu,

einen Vergleich zwischen der (tragischen) Lebensgeschichte von Anna (und den damit verbundenen Massenmord an tausenden von Behinderten zu Zeiten des NS Regime)und dem Beitrag von Bernhard zu ziehen- naja, das kann ich nicht nachvollziehen! Ich gebe Bernhard in einem Punkt recht. Ich könnte mir schon vorstellen, dass jemand der auf ein Spenderorgan wartet schon "schluckt", wenn er erfährt, dass der Spender an einer genetischen Erkrankung und damit verbundenen Behinderung litt! Ist das nicht normal? Ist der Begriff "verseucht" in diesem Zusammenhang so schrecklich? Nein, mal ehrlich- den würden sicherlich viele nicht Betroffene nutzen: Wenn wir gesund wären, ja was würden wir dann in diesem Fall sagen? Welchen Begriff würden wir nutzen und wie würden wir über dieses Spendeorgan denken? Hättest Du keine HSP, sondern würdest Du auf ein Spenderorgan warten und hättest die Wahl zwischen einer Leber von einem "Gesunden" oder einem "HSP Kranken"- welches würdest Du nehmen? Ich glaube ich weiß es...Das ist normal! Ich habe mir abgewöhnt jedes Wort auf die Goldwaage zu legen. Viele meinen es doch nicht böse. Mir fallen solche Dinge nicht einmal mehr auf. Weißt Du wie häufig ich den Satz höre "Nehmen Sie doch schon einmal Platz"- ich sitze im Rolli! Na und, niemand meint das persönlich, will mich ärgern oder diskriminieren. Und wenn schon! Auch dann lächle ich und warte auf den Sommer...Und wenn der Sommer heute nicht kommt, dann vielleicht morgen- oder übermorgen. Aber ich lächle. Und wenn jemand in Zusammenhang mit meiner Erkrankung das Wort verseucht benutzt lächle ich auch weiter und warte auf den Sommer- aber ich ziehe deshalb keinen Vergleich zum NS- Regime! Dann lächle ich ausnahmsweise auch mal nicht mehr!

Das musste ich mal loswerden!

Im übrigen habe ich mit meinem Arzt auch über das Thema Organspende gesprochen. Es ist richtig, dass wir grundsätzlich als Spender in Frage kommen. Jedoch ist fraglich ob unsere Organe in Frage kommen, da viele von uns über Jahre starke Medis einnehmen. Dieses hinterlässt Spuren an den Organen. Für uns zum Leben reicht das zwar noch, aber ob unsere Organe noch als Spendeorgan in Frage kommen ist in manchen Fällen sicherlich zweifelhaft. Die Organe werden vor der Freigabe ausführlich untersucht und müssen bestimmte Kriterien erfüllen. Da kommt durch Medikamenteneinnahme (oder Drogenkonsum, Alkoholmißbrauch) schon eine etwas hohe Quote an nicht geeigneten Organen zusammen. Die sind dann auch verseucht...

Allen ein schönes Wochenende,

Gruß Lars

Re: Organspende

BeitragVerfasst: Fr 20. Jul 2012, 11:57
von Manu
Hallo Lars,

Du hast recht, ich hab da überreagiert. Liegt wohl daran, dass mir dieses Buch - Tatsachenbericht - noch im Kopf hängt und mich ziemlich mitgenommen hat.

Dennoch bin ich sicher, dass sich jeder Bedürftige über ein Spenderorgan freuen und dankbar sein sollte, auch wenn es nicht so ganz "tadellos" ist. Besser als sterben ist das allemal und Organe gibt es schließlich nicht wie im Selbstbedienungsladen zu kaufen.

Liebe Grüße
Manu