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Medikament Translarna für erste Krankheit zugelassen

BeitragVerfasst: Mi 11. Feb 2015, 16:01
von Rudi
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Hallo zusammen,

ich wurde in den letzten Wochen vermehrt darauf angesprochen, dass das Medikament Translarna nun zugelassen sei. Man wollte wissen, ob dieses Präparat auch für uns HSP'ler verordnet werden kann. Die ganz klare Antwort darauf ist derzeit "NEIN". Hier die wesentlichen Details:

  • Translarna ist das Medikament, das mit dem Wirkstoff Ataluren (früher bekannt als PTC124) hergestellt wird (im Bild rechts ist die Strukturformel erkennbar). Es wurde entwickelt, um eine ganz bestimmte genetische Mutationsform, nämlich die Nonsensemutation, zu behandeln. Getestet wurde der Wirkstoff in seiner Entwicklungsphase bei den Krankheiten "Muskeldysthrophie Duchenne" und "Mukoviszidose".

    Zusätzliche Hinweise:


    Was ist eine Nonsensemutation?


    Jedes gesunde Gen ist so aufgebaut, dass die Informationen, die es enthält, einzelne Bausteine sind, die abgelesen werden. Im Bild links ist erkennbar, dass immer drei Buchstaben (=chemische Basen) eine solche Informationseinheit bilden. Das ist z.B. links außen das "GUA". Damit werden jeweils Aminosäuren beschrieben woraus dann ein Protein (=Eiweiß) gebildet wird. Im Bild ist es unten zu sehen. Dieses Protein wird innerhalb der Zelle aktiv. Um die Geninformation verarbeitbar zu machen hat jedes Gen am Anfang einen „Startbefehl“ und am Ende einen „Stoppbefehl“. Durch eine Mutation im Gen, kann einer der Bausteine so verändert werden, dass er zu einem Stoppbefehl wird. (Im Bild links ist im Gencode UGC der Buchstabe "C" in den Buchstaben "A" mutiert, wobei durch das UGA ein "Stopp" entsteht). Dieser -dann zu früh platzierte- Stoppbefehl bewirkt, dass der Ablesevorgang der Geninformation bereits vorzeitig gestoppt wird. In Folge ist das gebildete Protein unvollständig und kann daher seine Aufgabe in der Zelle nicht wahrnehmen. Diese Mutationsart kommt bei vielen genetischen Erkrankungen vor. Bei uns ist das ein Auslöser für die HSP-Symptome. Jeder, der gerne mehr zu den Aufgaben der Gene, zu den Mutationsformen und ganz speziell zur Nonsensemution erfahren möchte, kann Informationen dazu im Aufsatz "Was machen unsere Gene. Ein paar Gedanken für Nichtmediziner“ nachlesen, der per Klick auf den Titel abrufbar ist.

    Eine kurze Begriffserklärung noch zum Wort "Nonsensemutation". Der Wortteil Nonsense hat nichts mit dem bei uns gebräuchlichen Verständnis in Sinne von Unsinn, Blödsinn oder Spaß zu tun. Oben war beschrieben worden, dass bei einer Nonsensemutation der Stoppbefehl durch den Genfehler an einer zu frühen Position im Gencode erzeugt wird. Der Stoppbefehl liefert keine Zutat für das im Gencode beschriebene Protein; er bedeutet nur STOPP. Er macht also für die Zutaten "keinen Sinn". Aus "kein Sinn", also "no sense" wurde "nonsense". Weil der zu frühe Stoppbefehl eine Mutation ist, wurde daraus der Begriff "Nonsensemutation" gebildet.

  • Das Medikament hat nun die Zulassung ausschließlich zur Behandlung beim Krankheitsbild "Muskeldystrophie Duchenne" erhalten. Diese Zulassung galt ab Anfang Dezember zunächst nur für Deutschland. Seit Anfang Februar ist sie auch in Österreich gültig.

  • Es gibt bisher keine abgeschlossenen Studien oder Erfahrungen zum Einsatz des Wirkstoffs bei HSP. Daher lässt sich derzeit auch nichts zu möglichen Erfolgen oder zu möglichen Risiken sagen. Kein Arzt wird dieses Präparat deshalb derzeit bei unserer HSP verschreiben. Das wäre nämlich wirklich unverantwortlich. Es wäre ein viel zu hohes Risiko für den Patienten und das müssen alle HSP-Patienten mit einer Nonsensemutation auch wissen.

Das kann sich im Laufe der Zeit zum Glück ändern. Zahlreiche HSP-Patienten könnten von dem Wirkstoff profitieren. Ich sage "zahlreiche" und sage nicht "alle", weil dieses Präparat nur bei der "Nonsensemutation" wirkt (Erklärung siehe oben unter "Zusätzliche Hinweise"). Diese Mutationsform haben etwa 25% von uns. Das sind immerhin rund 1.500 Personen.
Es ist sicher jedem HSP'ler bekannt, dass wir mit dem Förderverein im Frühjahr 2013 begonnen haben, ein Forschungsprojekt zu unterstützen, bei dem genau der oben angesprochene
Wirkstoff bei unserer HSP untersucht wird. Es war nicht leicht für uns, die notwendigen Spenden zu gewinnen, aber mit der hier sehr oft angesprochenen kleinen Gruppe aktiver HSP'ler ist es gelungen. Wir haben euch stets über den Fortschritt des Projekts informiert. Sollte es sich zeigen, dass der Wirkstoff auch bei HSP-Nonsensemutationen in den getesteten Zellkulturen funktioniert, so wäre das ein klares positives Ergebnis. Weitere Studien, die dann auch mit HSP-Patienten laufen müssten, wären dann vermutlich notwendig.

Ich weiß es natürlich selbst, dass es den Betroffenen bei anderen Erkrankungen sehr viel leichter fällt, solche Studien zum Laufen zu bringen. Die Muskeldystrophie Duchenne hat das sehr klar gezeigt. In Deutschland leben etwa
1.500 bis 2.000 Betroffene mit dieser Erkrankung. Circa 13% von ihnen haben eine Nonsensemutation. Das bedeutet, dass etwa 250 Erkrankte in Deutschland das Medikament nutzen können. Bei uns ist es zwar die sechsfache Menge von HSP'lern mit dieser Mutationsform, aber die Menschen mit dem anderen Krankheitsbild sind im Thema Gesundheit einfach sehr viel aktiver. Sie zeigen auf gute Art und Weise, was bei Seltenen möglich ist. Anders gesagt: Die Patienten, die von Duchenne betroffen sind, die sind gute Vorbilder für uns.

Ich sagte eingangs, dass ich in den letzten Wochen vermehrt auf die Zulassung des Medikaments Translarna angesprochen wurde. Das geschah zum Beispiel auf Basis eines Artikels der Universität München vom 8. Januar 2015, der unter der Überschrift "Medikament zur Behandlung der Muskeldystrophie Duchenne jetzt in Deutschland verfügbar: TRANSLARNA® mit dem Wirkstoff Ataluren",
hier per Klick abrufbar ist.

  • Ich hoffe es sehr, dass die an der Muskeldystrophie Duchenne erkrankten Personen nun durch das neue Medikament ein einfacheres und ein schöneres Leben bekommen.
  • Ich hoffe, dass die Zulassung des Medikaments Translarna für die Muskeldystrophie Duchenne zeigt, wie wichtig es ist, dass auch wir uns bei der HSP mit einer sehr großen Menge von Betroffenen besonders intensiv in der Forschung engagieren.
  • Und ich hoffe es, dass die Zulassung dazu beiträgt, dass unser Förderverein für HSP-Forschung großzügig von allen HSP-Erkrankten mit Spenden unterstützt wird.
Deshalb stelle ich auch hier unseren Slogan gerne erneut ein

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Herzliche Grüße
Rudi

Re: Medikament Translarna für erste Krankheit zugelassen

BeitragVerfasst: Sa 23. Mai 2015, 16:03
von Rudi
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Hallo zusammen,

im Februar diesen Jahres hatte ich darüber informiert, dass der Wirkstoff Ataluren (ehemals PTC124), der im Medikament Translarna verarbeitet ist, für die Muskeldystrophie Duchenne zugelassen wurde. Diese Zulassung erfolgte nach den Bestimmungen für die so genannten "Orphan-Arzneimittel". Das sind Arzneimittel, die nur für seltene Krankheiten entwickelt werden, und die ein spezielles Genehmigungsverfahren durchlaufen. Näheres dazu ist
in diesem Beitrag in Wikipedia zu lesen.

Nach der Zulassung im Dezember 2014 musste bis Ende Mai 2015 die Beurteilung durch den
G-Ba (Gemeinsamer Bundesausschuss) erfolgen. Der G-Ba bestimmt in Form von Richt­li­nien den Leis­tungs­ka­talog der gesetz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­rung (GKV) für mehr als 70 Millionen Versi­cherte und legt damit fest, welche Leis­tungen der medi­zi­ni­schen Versor­gung von der GKV erstattet werden.

Der G-Ba hat nun in seiner Sitzung vom 21. Mai 2015 beschlossen, dass das Medikament Translarna in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen wird. Natürlich gilt diese Aufnahme bisher nur für das Krankheitsbild "Muskeldystrophie Duchenne". Bekanntlich ist der Wirkstoff in dem Medikament mit dem Ziel entwickelt worden, die negative Wirkung von Nonsensemutationen zu beeinflussen. Für viele HSP'ler unter uns liegt in diesem Medikament eine Hoffnung. Etwa ein Viertel bis ein Drittel von uns, also knapp 2.000 HSP'ler, haben eine Nonsensemutation. Ein Teil dieser Gruppe hat sich engagiert und hat
unser laufendes Forschungsprojekt zu diesem Wirkstoff mit Spenden unterstützt. Wir hoffen es sehr, dass die Ergebnisse der laufenden Forschungen aufzeigen, dass wir mit diesem Wirkstoff bei der HSP "in die nächste Forschungs-Runde" gehen könnten. Es sei hier auch nochmals hervorgehoben, dass bei unserer HSP die Nonsensemutationen in allen SPGs vorkommen. Es ist also kompletter Unsinn, wenn gesagt wird, dass Nonsensemutationen nur im SPG4 anzutreffen sind. Dennoch bekommt niemand von uns HSP'lern heute dieses Medikament verschrieben. Bitte beachtet dazu die Erklärungen im Beitrag vom 11.02.2015, die nach wie vor Gültigkeit haben.

Für jeden, der zu dem Beschluss des G-Ba mehr wissen möchte, ist hier
der Link mit allen Detailinformationen eingestellt. Bitte bedenkt beim Lesen immer, dass es in Deutschland etwa 250 Betroffene mit Muskeldystrophie Duchenne gibt, die eine Nonsensemutation haben. Bei uns sind es etwa 2.000 Betroffene. Ich bewundere das langjährige und sehr gezielte Engagement dieser kleinen Gruppe. Das ist vorbildhaft!

Auch bei dieser Gelegenheit darf ich jeden von euch daher bitten, die Aktivitäten unseres Fördervereins großzügig zu unterstützen.
"Für euch! Mit euch!" Alle erforderlichen Daten findet ihr unten.

Herzliche Grüße
Rudi

Re: Medikament Translarna für erste Krankheit zugelassen

BeitragVerfasst: Fr 16. Okt 2015, 08:01
von Rudi
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Hallo zusammen,

in der vorherigen Nachricht vom 23. Mai 2015 war mitgeteilt worden, dass das Medikament Translarna (enthält den Wirkstoff Ataluren = PTC124) in Deutschland für die Muskeldystrophie Duchenne zugelassen wurde. Behandelbar waren ab diesem Zeitpunkt alle Duchenne-Patienten, bei denen das Krankheitsbild durch eine Nonsensemutation ausgelöst wurde.

Bekanntlich gibt es bei unserer HSP einen sehr hohen Anteil von Betroffenen, bei denen die HSP-Symptome ebenfalls durch eine Nonsensemutation ausgelöst werden. Man kann davon ausgehen, dass in der Gruppe der 6.000 bis 8.000 deutschen HSP'lern bei knapp 2.000 Betroffenen diese Mutationsform vorliegen wird. Wegen dieser großen Menge an HSP'lern hatten wir im Förderverein eine
Studie zur Nonsensemutationen finanziert. In dieser Studie wird das Wirkungspotential des oben angesprochenen Medikaments auf unsere HSP untersucht. Eine nur sehr kleine Gruppe von HSP-Patienten hat sich selbst an der Finanzierung beteiligt. Die Arbeiten an dieser Studie laufen noch. Über Ergebnisse werden wir hier berichten.

Heute erreichte mich die Nachricht von PTC, dem Hersteller des Medikamentes, dass es sehr gute Ergebnisse aus einer weiterhin Phase III - Studie bei der Muskeldystrophie Duchenne gibt. Die Nachricht ist
hier im Original und hier in der Google-Übersetzung abrufbar.

Jeder HSP'ler, der den "Förderverein für HSP-Forschung" mit einer Spende unterstützt, hilft dabei, dass wichtige Forschungen zur HSP möglich werden.
Jeder HSP'ler, der den "Förderverein für HSP-Forschung" mit einer Spende unterstützt, hilft dabei, dass unsere HSP und ihre Symptome besser beherrschbar werden.

Eine weitere Nachricht, die ich soeben erhielt, zeigt auf, dass dem Medikament heute der Springer Medizin CharityAward 2015 zugesprochen wurde. Im Beitrag heißt es:

Seit dem Jahr 2014 werden auch Arzneimittelinnovationen im Bereich Orphan Drugs für Patienten mit seltenen Erkrankungen geehrt. Der diesjährige Preis in dieser Kategorie ging an Translarna™ mit (Ataluren) von PTC Therapeutics. Dabei handelt es sich um die erste zugelassene Therapie mit kausaler Wirkung bei Duchenne-Muskeldystrophie mit zugrunde liegender Nonsense-Mutation. Das Medikament greift in die gestörte Bildung eines lebensnotwendigen Muskelproteins ein. Dadurch kann erstmals die Krankheitsprogression verzögert werden.

Auch das ist eine sehr schöne Anerkennung für das erfolgreiche Engagement der Duchenne-Patienten. Es wäre ein Traum, wenn uns so etwas durch eure Aktivität und durch euer Engagement auch gelingen würde. Bedenkt immer, dass wir mit den 6.000 bis 8.000 HSP-Betroffenen zu der zahlenmäßig stärksten Gruppe bei den Seltenen gehören. Bei der Muskeldystrophie Duchenne sind es knapp 2.000 Betroffene. Der oben angesprochene
Artikel zum Springer Medizin CharityAward 2015 kann per Klick aufgerufen werden.

Herzliche Grüße
Rudi