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Cannabinoid "Sativex"

BeitragVerfasst: Mi 1. Feb 2012, 00:50
von Bettina
Habe einen interessanten Bericht zu Sativex in der pharmazeutischen Zeitung (PZ) gelesen. Ich finde ihn sehr informativ und recht gut verständlich.

Bei MS ist Sativex ja bereits zugelassen.

Inwieweit Sativex auch bei HSP von Ärzten auf Kosten der Krankenkasse verordnet wird, ist sicherlich vom Einzelfall abhängig. Gibt es evtl. schon Erfahrungen von HSP´lern mit Sativex?

Bettina


Neuer Modulator am Endocannabinoid-System
Schon seit 1998 ist es Ärzten möglich, Patienten auf Betäubungsmittelrezept den Cannabis-Hauptwirkstoff Tetra-hydrocannabinol zu verordnen. Die Kassen mussten die Kosten dafür aber nicht übernehmen. Eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes hat es möglich gemacht, dass Fertigarzneimittel auf Cannabis-Basis eine Zulassung erhalten und die Kosten jetzt übernehmen müssen.

Warum wirken Cannabinoide bei MS?
Als Teil des menschlichen Endocannabinoid-Systems sind Cannabinoid-Rezeptoren an den Nervenenden zu finden, wo sie an der Regulation der synaptischen Funktion mitwirken. Schon seit Längerem weiß man, dass das körpereigene Cannabinoid-System bei spastischen Störungen verändert ist, offenbar fehlt es an Endocannabinoiden. Mit den Inhaltsstoffen aus der Hanfpflanze lässt sich dieses Defizit wieder ausgleichen. THC und CBD binden an die Cannabinoid-Rezeptoren. Das verbessert die Regulation von Nervenimpulsen, was letztlich eine Verringerung der Spastik bewirkt. Beispielsweise linderten Cannabinoid-Rezeptor-Agonisten bei tierexperimentellen Modellen von MS und Spastik die Steifigkeit der Gliedmaßen und verbesserten die Motorik.

Seit Anfang Juli ist mit Sativex Spray zur Anwendung in der Mundhöhle (Almirali Hermal GmbH) das erste Medikament auf Cannabis-Basis, das in Deutschland zugelassen wurde auf dem Markt. Darin sind zwei Wirkstoffe, die aus Cannabis-sativa-Pflanzen gewonnen werden, im Verhältnis 1:1 enthalten THC (Dekta-9-Tetrahydrocannabinol) und CBD (Cannabidiol). Ein Sprühstoß (100 Mikroliter Spray) enthält 2,7mg THC, 2,5mg CBD und 40mg Alkohol.

Schätzungen zufolge entwickeln etwa 80 Prozent der MS Patienten im Verlauf ihrer Erkrankung eine Spastik. Bisher verordneten Ärzte dagegen Muskelrelaxanzien wie Baclofen und Tizanidin oder Antiepileptika wie Gabapentin und Clonazepam. Das neue Betäubungsmittel Sativex ist zugelassen als Add-on-Therapeutikum für Multiple-Sklerose-Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Spastik, die nicht angemessen auf eine andere antispastische Arzneimitteltherapie angesprochen haben und die während einses Anfangstherapieversuchs mit dem Spray erheblich davon profitierten. In Phase -III-Studien hat man herausgefunden, dass längst nicht alle Patienten auf die Behandlung mit dem Spray ansprechen.

Von 572 Patienten sprachen im ersten Abschnitt einer zweiteiligen Phase-III-Studie insgesamt 241 Patienten nach vier Wochen auf die Therapie an. Respons war definiert als Reduktion von mindestens 20% auf der numerischen Ratingskala (NRS) für das Spastiksyndrom mit einer durchschnittlichen Veränderung gegenüber dem Beginn der Behandlung von minus 3 Punkten. Auf dieser Skala von 0 (=keine Beschwerden) bis 10(=schwerstmögliche Beschwerden) Punkten geben die Patienten das durchschnittliche Niveau ihrer mit Spastik in Verbindung stehenden Symptome an. Die genannten 241 Patienten verbesserten sich von 7 auf 3,8 Punkte und qualifizierten sich damit auch für den 2. Teil der Studie. Über 12 Wochen erhielten sie darin doppelblind und randomisiert entweder weiterhin Sativex oder Placebo. Die Patienten der Verumgruppe behielten die Verbesserung der Spastiksymptome bei. Im Gegensatz dazu verschlechterten sich die Patienten unter Placebo wieder zum Zustand vor der vierwöchigen Anfangsbehandlung.

Die in dem Oromukosalspray enthaltenen Cannabinoide werden schnell über die Mundschleimhaut aufgenommen. Nach vier Sprühstößen sind sowohl THC als auch CBD innerhalb von 15 Minuten im Plasma nachweisbar. In einer Titrationsphase ist zunächst die optimale Dosis zu ermitteln. Diese sollen die Patienten in der Erhaltungsphase beibehalten und je nach individuellem Ansprechen und Verträglichkeit über den Tag verteilen. In klinischen Studien betrug die mittlere, von MS Patienten benötigte Dosis 8 Sprühstöße pro Tag. Mehr als zwölf Sprühstöße pro Tag werden in der Fachinformation nicht empfohlen.

Generell sollten die Patienten das Spray an verschieden Stellen des Mundhöhlenbereichs anwenden und bei jeder Verwendung den Ort der Anwendung wechseln. Das pharmazeutische Personal sollte zudem den Hinweis geben, dass es bis zu zwei Wochen dauern kann, bis die optimale Dosierung gefunden wird und dass Nebenwirkungen während dieser Zeit auftreten können. Am häufigsten ist Schwíndel, auch Müdigkeit trat in Studien sehr häufig auf. Diese Nebenwirkungen sind in der Regel nur schwach und klingen nach einigen Tagen ab. Laut Fachinformation ist die Entwicklung einer Abhängigkeit von Sativex unwahrscheinlich. Es wurde keine Erhöhung der täglichen Dosierung der Langzeitwirkung beobachtet. Zudem hat das abrupte Absetzen nicht zu einem einheitlichen Muster oder Zeitprofil von Entzugserscheinungen geführt.

Sativex ist in der Stillzeit kontraindiziert, da die Cannabinoide in die Muttermilch übergehen.
Kontraindiziert ist das Spray unter anderem auch bei einer bekannten oder vermuteten Anamnese oder Familienanamnese von Schizophrenie. In der Schwangerschaft sollte das Spray auch nicht zum Einsatz kommen, es sein denn, die Vorteile der Behandlung überwiegen die möglichen Gefahren für den Fötus bzw. für den Embryo. Die Anwendung von Sativex wird auch bei Patienten mit schweren Herz-Kreislauf-Erkrankungen nicht empfohlen. Vorsicht ist geboten bei der gleichzeitigen Einnahme von Hypnotika, Sedativa und Arzneimitteln mit möglicherweise sedierender Wirkung, da es zu einer additiven sedierenden und muskelrelaxierenden Wirkung kommen kann.

Das Spray ist bis zum Anbruch im Kühlschrank bei 2 - 8 Grad Celsius zu lagern. Sobald die Sprühflasche geöffnet und verwendet wird, ist dies nicht mehr notwendig. Der Patient kann das Spray dann bei Temperaturen bis maximal 25 Grad Celsius lagern.

Kosten für 3x10ml Sativex-Spray ca. 600 Euro

Quelle:PZ (Pharmazeutische Zeitung)

Re: Cannabinoid "Sativex"

BeitragVerfasst: Mi 1. Feb 2012, 16:19
von holi48
Hallo HSP'ler,
Info zum Medikament Sativex!

das o.g. Präparat Savitex ist lt. Aussage der DAK/u. MS-Reporter zur Zeit ausschließlich Für MS Erkrankte in Deutschland zugelassen:
Ab Juli 2011 ist Sativex® nun auch in Deutschland offiziell erhältlich. Für die Schweiz ist allerdings bis jetzt noch kein Markteinführungstermin in Sicht.

Der Sativex-Spray ist zugelassen als Zusatztherapie bei MS-Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Spastik, die nicht angemessen auf eine andere antispastische Arzneimittelbehandlung angesprochen haben.
Die Zulassung gilt nur für eine einzige Diagnose, die Linderung der [b]Spastik bei Multipler Sklerose[/b]. Alle anderen Betroffenen sind auf ein Antragsverfahren bei der Bundesopiumstelle angewiesen.

Gruß Horst