Seite 1 von 1

Individuelle Wahrnehmung der Spastik der unteren Gliedmaßen

BeitragVerfasst: So 9. Jul 2023, 11:20
von Rudi
...........
Hallo zusammen,

bei unserem Informationsaustausch am letzten Freitag wurde über die unterschiedliche Wahrnehmung sowohl der HSP-Symptome wie auch der Ergebnisse aus HSP-Therapien gesprochen.

Mit diesem Thema befasst sich auch eine Veröffentlichung des Forscherteams von Frau Prof. Dr. Alexandra Dürr (Universitätsklinik Pitié-Salpêtrière, Paris, Frankreich). Die Arbeit greift das Symptom "Spastik" auf, und stellt dar, dass dieses Krankheitszeichens bei unserer HSP ungleich wahrgenommen wird. Ebenso werden die Ergebnisse der Therapien unterschiedlich wahrgenommen. Angesprochen sind in der Arbeit die Physiotherapie und die oberflächliche Erwärmung. In unserer Gesprächsrunde am Freitag hatten wir thematisiert, dass auch die unterschiedlichen Konzepte der Physiotherapie wesentlich sind und für das eigene Wahrnehmen der Ergebnisse eine hohe Bedeutung haben.

Ich stelle unten die Übersetzung der Publikation und
hier das Original ein.

Herzliche Grüße
Rudi

----------------------------------------

Individuelle Wahrnehmung von Umweltfaktoren, die die Spastik der unteren Gliedmaßen bei angeborener spastischer Paraparese beeinflussen

Pauline Lallemant-Dudek MD, Livia Parodi PhD, Giulia Coarelli MD, Anna Heinzmann MD, Perrine Charles MD PhD, Claire Ewenczyk MD, PhD, Silvia Fenu MD, Marie-Lorraine Monin MD, Philippe Corcia MD PhD, Christel Depienne PhD, Fanny Mochel MD, PhD, Jean Benard PhD, Sophie Tezenas du Montcel MD, Alexandra Durr MD, PhD

Zusammenfassung

Hintergrund: Phänotypische Variabilität ist ein durchgängiger Befund in der Neurogenetik und daher auch auf die hereditäre spastische Paraparese anwendbar. Die Identifizierung der Gründe für diese Variabilität ist eine Herausforderung. Wir stellten die Hypothese auf, dass neben genetischen Modifikatoren auch extrinsische, also von außen einwirkende Faktoren die Variabilität beeinflussen.

Zielsetzungen: Unser Ziel war es, die klinische Variabilität bei hereditärer spastischer Paraparese aus der Perspektive der Betroffenen zu beschreiben. Unser Ziel bestand darin, individuelle und umweltbedingte Faktoren zu identifizieren, die Muskeltonusstörungen beeinflussen, und Interventionen abzuleiten, die die Spastik verbessern könnten.

Methoden: Diese Studie basierte auf Selbsteinschätzungen mit Fragen auf Nominal- und Ordinalskalen, die von Teilnehmern mit hereditärer spastischer Paraparese ausgefüllt wurden. Der Fragebogen wurde entweder persönlich in der Klinik oder elektronisch über Websites von Laienorganisationen ausgefüllt.

Ergebnisse: Von den 325 Teilnehmern hatten die meisten SPG4/SPAST (n = 182, -->56 %) mit einem mittleren Alter bei Beginn der Erkrankung von 31,7 (SD 16,7) Jahren und einer mittleren Krankheitsdauer von 23 (SD 13,6) Jahren zum Zeitpunkt der Teilnahme. Die beiden Faktoren, die bei mehr als 50 % der Teilnehmer eine Verbesserung der Spastik bewirkten, waren Physiotherapie (193/325, -->59 %) und oberflächliche Erwärmung (172/308, -->55 %). Die Hälfte der Probanden (n = 164, -->50 %) führte mindestens einmal im Monat und bis zu einmal pro Woche körperliche Aktivitäten durch. Die Teilnehmer, die die Physiotherapie als wirksam bezeichneten, waren mit ≥ 3 Sitzungen pro Woche deutlich zufriedener. Psychisch belastende Situationen (246/319, -->77 %) und kalte Temperaturen (202/319, -->63 %) verschlimmerten bei den meisten Teilnehmern die Spastik.

Schlussfolgerung: Die Teilnehmer waren der Ansicht, dass Physiotherapie die Spastik verringert und dass die Auswirkungen der Physiotherapie auf die Spastik viel größer sind als die anderer medizinischer Interventionen. Daher sollten die Menschen ermutigt werden, sich mindestens dreimal pro Woche körperlich zu betätigen. In dieser Studie wurden die Meinungen der Teilnehmer wiedergegeben: Bei hereditärer spastischer Paraparese gibt es nur funktionelle Behandlungen, daher ist das Fachwissen der Teilnehmer von besonderer Bedeutung.




Re: Individuelle Wahrnehmung der Spastik der unteren Gliedma

BeitragVerfasst: So 16. Jul 2023, 13:22
von Volk
Hallo,
für mich war besonders interessant zu lesen, dass da nicht steht, man solle mindestens 3x pro Woche zur Physiotherapie, sondern man möge sich mindestens 3x pro Woche körperlich betätigen.
Mit besten Wünschen

Re: Individuelle Wahrnehmung der Spastik der unteren Gliedma

BeitragVerfasst: So 16. Jul 2023, 14:01
von Rudi
...........
Hallo Volk,

es ist sehr gut, dass dir das aufgefallen ist, und dass du es hier ansprichst. In unserer Gesprächsrunde der HSP-Betroffenen vom 7.Juli wurde dieser Punkt sehr ähnlich diskutiert. Bei unserem Inforationsaustausch wurde darüber gesprochen, dass in der Physiotherapie die Konzentration auf das Dehnen häufig als das Wichtigste und als das Effektivste angesehen wird. Wir waren uns schnell darüber einig, dass das nicht richtig sein muss. Wichtig ist, dass die Muskeln intensiv angesprochen werden und dadurch ihre Funktionsfähigkeit angesprochen wird. Jeder, der noch in der Lage ist, seine Muskeln beispielsweise durch Sport, durch Radfahren oder durch andere Bewegung zu trainieren, tut sich selbst wirklich Gutes. Das ist in der angesprochenen Arbeit gemeint, wenn gesagt wird „man möge sich 3x pro Woche körperlich betätigen“. Zu bedenken ist dabei immer, dass durch diese Aktivitäten nicht nur die Muskeln, sondern auch die Nerven gezielt angesprochen werden, die so auch ihre Leistungsfähigkeit erhalten.
Für meine ganz persönlichen Bedürfnisse erreiche ich das mit der sehr guten Physiotherapie, die mein exzellenter Therapeut mit mir regelmäßig in zwei Doppelstunden je Woche macht. Du siehst, dass das eine das andere nicht ausschließt. Wichtig ist es, dass jeder den für sich besten Weg findet.

Dir alles Gute
Rudi