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Wo Fische im ICE auf Reisen gehen

BeitragVerfasst: Sa 4. Aug 2012, 14:23
von Rudi
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Hallo zusammen,

unten ein sehr interessanter Artikel aus der "Rhein-Neckar-Zeitung" zu einem Fisch, dem Zebrafisch, der beim ersten Lesen nichts mit HSP zu tun hat. Aber genau der Zebrafisch ist es, der in der genetischen Forschung für sehr viele und für sehr aussagekräftige Studien eingesetzt wird. Auch unsere HSP-Forscher arbeiten mit dem Zebrafisch. Im Aufsatz von Allen Bernhard, den wir hier im Forum unter dem Link
„Guter Artikel zur HSP“ eingestellt haben, beschreibt er auf der Seite sechs solche Arbeitsergebnisse mit dem Zebrafisch bei der HSP.

Es ist daher sicher hilfreich, dass es nun –wie im Artikel beschrieben– in Karlsruhe das „Zebrafisch-Forschungszentrum“ gibt. Wie es die Überschrift vermuten lässt, werden von Karlsruhe aus die Fische „auf Reise“ geschickt. Das heißt, dass Karlsruhe anderen Forschungsinstituten die Zebrafische für ihre Grundlagenforschung zur Verfügung stellt. Es ist nicht zu erwarten, dass nun auch in Karlsruhe Forscher an der HSP arbeiten werden. Das ist aber auch nicht unbedingt nötig. Der Artikel weist ja beispielhaft aus, dass die Nobelpreisträgerin
Frau Prof. Dr. Christiane Nüsslein-Volhard, die in Tübingen tätig ist, selbst seit einigen Jahren daran arbeitet, mit Hilfe der Zebrafische neue Erkenntnisse zu genetisch bedingten Erkrankungen zu gewinnen.

Auch unter diesem Gesichtspunkt ist sehr schön, dass immer mehr HSP-Erkrankte unser Zentrum für Seltene Erkrankungen in Tübingen direkt unterstützen. So helfen wir uns selbst! So zeigen wir, dass wir nicht auf Andere warten, sondern unsere Gesundheit selbst in die Hand nehmen.

Gruß
Rudi
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Quelle: http://www.rnz.de//rnzWissenschaftRegio ... gehen_.php

Wo Fische im ICE auf Reisen gehen

Für den Zebrafisch - hier in Gesellschaft einer Algen vertilgenden Schnecke - entstand in Karlsruhe ein erstes europaweites Forschungszentrum. ..... Foto: KIT

Von Yvonne Kaul

Mit einer Länge von etwa fünf bis sechs Zentimetern sieht der Fisch ziemlich unspektakulär aus, er kann aber eine Menge. Für Biowissenschaftler bietet er ein exzellentes Forschungsmodell, um Genetik zu studieren. Denn der Zebrafisch (Danio rerio) vermehrt sich schnell, ist einfach in der Haltung und seine Eier entwickeln sich außerhalb des Körpers der Mutter und sind praktischerweise transparent. Die Ursachen von menschlichen Krankheiten wie Alzheimer, Krebs und Infektionen lassen sich an diesem Winzling studieren. Das wiederum eröffnet neue Wege für neuartige Medikamente und Therapiemöglichkeiten.

Das neue Zebrafisch-Forschungszentrum, das in der letzten Woche am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) eröffnet wurde, bietet 3000 Aquarien für lebende Fische und Gefriertruhen für etwa 80 000 Spermaproben. Damit sei es das größte Fischhaus Europas, sagte Uwe Strähle, Leiter des Instituts für Toxikologie und Genetik am KIT, in seinem Eröffnungsvortrag. Unter den Gästen: Nobelpreisträgerin Christiane Nüsslein-Volhard, die von ihren Erfahrungen als Pionierin auf dem Gebiet der Zebrafisch-Forschung berichtete.

"Die Idee, mit Wirbeltieren Genetik zu machen, hat mich elektrisiert", erzählte Nüsslein-Volhard. Bis in die späten achtziger Jahre hat sie an der genetischen Steuerung der Embryonalentwicklung von Fruchtfliegen geforscht, erst danach hat sie sich auch den Wirbeltieren zugewandt - wie dem Zebrafisch. "Wir in Tübingen waren mit die ersten Labore, die mit dem Zebrafisch gearbeitet haben", sagte sie.

Ein Problem war damals, im großen Stil viele Fischfamilien großzuziehen. Von der Forschung an Fruchtfliegen wusste sie, dass etwa vier- bis fünftausend Fischfamilien nötig sind, um die für die frühe Entwicklung verantwortlichen Gene zu identifizieren.1992 wurde in Tübingen ein Fischhaus eingeweiht, um die damals weltgrößte Zebrafischzucht unterzubringen. Nach nur einem Jahr intensiver Analysen der Mutanten veröffentlichte die Fachzeitschrift "Development" (Entwicklung) eine Sonderausgabe über dieses Thema. Dafür hat das Labor von Nüsslein-Volhard innerhalb von nur einem Jahr 22 Manuskripte verfasst. "Das war eine große Zeit", so die Nobelpreisträgerin.

Wolfgang Driever, ein ehemaliger Doktorand in ihrem Labor und heute Leiter der Abteilung Entwicklungsbiologie an der Freiburger Universität, erklärte, warum der Zebrafisch so spannend für die Wissenschaft ist. Der hübsch gestreifte Fisch zeichnet sich durch faszinierende Regenerationsfähigkeiten aus. Er entwickelt beispielsweise lebenslang neue dopaminerge Neuronen. Das sind Nervenzellen, die den Botenstoff Dopamin produzieren und ausschütten. Der Verlust von dopaminergen Neuronen ist beim Menschen dagegen nicht mehr aufholbar - und unter anderem für die Krankheit Parkinson verantwortlich.

In den vergangenen Jahren haben europäische Labore Tausende von Zebrafisch-Stämmen zu Forschungszwecken erzeugt. Ein zentrales Archiv zur Haltung und Verteilung der Fische fehlte jedoch bislang. Diese Rolle wird künftig vom Europäischen Zebrafisch-Ressourcenzentrum EZRC - so sein offizieller Name - erfüllt. Finanziert wird das Zentrum hauptsächlich durch die Helmholtz-Gemeinschaft, 1,5 Millionen Euro für drei Jahre steuerte die Klaus-Tschira-Stiftung bei.

Karlsruhe sei der ideale Ort, so die Referenten unisono, weil auf dem KIT-Campus nicht nur Genetik, sondern auch Informatik und Technik vertreten seien. Dieses Zusammenspiel ermöglicht einen integrierten Ansatz, denn das EZRC dient nicht nur als Fischhaus, sondern auch als weltweit erstes Zebrafisch-Screening-Zentrum. In Zukunft können hier Gastwissenschaftler Forschung an der Stammsammlung betreiben und Technologien wie Genomsequenzierung, Robotik, Mikroskopie und Bildanalyse nutzen.

Zudem lassen sich die Zebrafische zu Forschungszwecken per ICE von Karlsruhe in fast alle Länder Europas verschicken. Bislang mussten europäische Forscher bestimmte Stammlinien in die USA zur Haltung einfliegen und bei Bedarf zurückbringen lassen - ein teurer und mittlerweile langwieriger Prozess.