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Projekt zur Gendiagnostik bei der HSP

BeitragVerfasst: Sa 24. Dez 2011, 14:31
von Jürgen C.
Hallo Genxperten,
vor einiger Zeit hat der Verein HSP-Selbsthilfegruppe die Erweiterung des von der Uni-Klinik Tübingen entwickelten "Genhochdurchsatzsequenzierer"mit finanziert. Hierdurch sollte die HSP-Gendiagnosik erleichtert und vor allem erheblich einfacher und somit auch preiswerter für die Krankenkassen werden. Weiß jemand ob dieses Projekt mitlerweile abgeschlossen ist und ob es jetzt einfacher ist, eine Genuntersuchung bei der Krankenkasse zu bekommen. Und wenn ja, muss man für die Untersuchung dann nach Tübingen oder nutzen auch noch andere Institute dieses Gerät.
Auf diesem Weg wünsche ich Allen noch ein Frohes Weihnachtfest und Alles Gute für's neue Jahr.
Gruß Jürgen C.

Re: Projekt zur Gendiagnostik bei der HSP

BeitragVerfasst: Mi 1. Mai 2013, 00:26
von Rudi
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Hallo Jürgen,

manchmal dauert es lange, bis eine Antwort kommt. Aber sie kommt. ;)

Am Samstag, den 27. April, habe ich Frau Dr. Schüle im Rahmen der Veranstaltung
„Waisenkinder der Medizin“ in Tübingen getroffen. Es gab viel Neues und Wichtiges, worüber wir gesprochen haben. Einer dieser Punkte war der Hochdurchsatzsequenzierer. Ich hatte dazu lange Zeit keine Neuigkeiten mehr gehört. In meiner letzten diesbezüglichen Nachricht vom August 2010 hatte ich aufgezeigt, dass es nun zu erwarten sei, dass die genehmigenden Behörden und damit auch die Krankenkassen dem neuen Verfahren zustimmen werden.

Das ist zwischenzeitlich geschehen. An der Uniklinik zu Tübingen wird für die HSP-Patienten mit dem Hochdurchsatzsquenzierer gearbeitet. Da dieses Gerät sehr teuer ist, hat es natürlich nicht jede Uniklinik. Ich kann auch derzeit noch nicht beurteilen, ob die "HSP-Erweiterung" dieses hochmodernen Diagnosegerätes auf Geräte eines anderen Typs möglich ist. Das sollte für uns alle aber auch bedeutungslos sein. Jede Klinik und jeder Arzt kann sich mit den Spezialisten aus der Genetik der Uniklinik zu Tübingen in Verbindung setzen und die Details zur Diagnose abstimmen. (Herr Prof. Dr. Peter Bauer, Tel: 07071/297-6458,
Internetseite)

Mit dem nun eingeführten Verfahren lassen sich alle derzeit diagnostizierbaren etwa 20 HSP-Gene untersuchen. Bildlich gesprochen, geht das in einem Arbeitsgang. Somit ist auch das sehr lange Warten auf das Diagnoseergebnis verkürzt. Es dauert nun nicht mehr Jahre oder Monate, sondern nur noch einige Wochen. Für die Krankenkassen fallen für diese Gesamtdiagnose nur noch Kosten von etwa 7.000€ an (??? Ich habe die genaue Zahl leider vergessen). Vor der Erweiterung des Hochdurchsatzsequenzierers hätten diese 20 Gene Kosten von einem hohen sechsstelligen Betrag erzeugt. Dass auch bisher noch nicht alle benannten 55 HSP-Gene diagnostizierbar sind, das liegt daran, dass für einige Gene deren Position im gesamten Genom noch nicht eindeutig bestimmt werden konnte. Das wird aber vermutlich in den nächsten Jahren passieren; genauso wird man sicherlich weitere HSP-Gene finden. Der Hochdurchsatzsequenzierer wird also ständig erweitert werden müssen.

Diese Erklärung erfolgt nur deshalb, weil auch mit der neuen Technik immer noch nicht jeder den genetischen Nachweis zu seiner Mutation erhalten wird. Ich bin mir aber sicher, dass die Menge der HSP’ler unter uns, die noch keinen Nachweis haben, kleiner werden wird. Frau Dr. Schüle hat angesprochen, dass sie uns in der nächsten Zeit vermutlich eine Nachricht zum Hochdurchsatzsequenzierer zukommen lassen kann. Ich werde diese Nachricht dann hier ebenfalls einstellen.

Es ist aus meiner Sicht besonders schön, dass diese sehr große Verbesserung der Diagnosemöglichkeiten durch das Engagement und durch den Einsatz von HSP-Patienten möglich wurde. Es ist hervorzuheben, dass die so neu entwickelte Technik in unserem Zentrum für Seltene entwickelt wurde. Sie wird sicherlich weltweit von vielen Kliniken nachgefragt werden und so allen HSP'lern helfen. Ich hoffe es sehr, dass auch das aktuelle Projekt des Fördervereins so gut mit Spenden unterstützt wird, dass wir dann hier das nächste positive Ergebnis zum Wohl der HSP’ler vermelden können.

Alles Gute
Rudi
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.Information zu unserem aktuellen Projekt:

.Die Projektbeschreibung von Frau Dr. Rebecca Schüle
.Medikament bei Nonsensemutation in Entwicklung

Re: Projekt zur Gendiagnostik bei der HSP

BeitragVerfasst: Mo 6. Mai 2013, 18:42
von Rudi
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Hallo zusammen,

die HSP-Forschung wird immer schneller! Heute erhielt ich das Schreiben von Frau Dr. Schüle und Herrn Prof. Dr. Bauer zum Hochdurchsatzsequenzierer. Mit dieser neuen Technik lassen sich heute bereits 38 verschiedene HSP-Gene untersuchen. Dies ist ein enorm großer Schritt nach vorne, den die HSP-Forscher für uns erreicht haben! Ein herzliches Dankeschön an Frau Dr. Schüle, Herrn Prof. Dr. Bauer und ihre Teammitglieder.

Das angesprochene Schreiben ist
hier per Klick abrufbar. Zusätzlich hat Frau Dr. Schüle ein Schaubild zugesandt, das Auskunft über die 38 momentan diagnostizierbaren HSP-Gene gibt. Alle HSP'ler, die bisher noch keine Diagnose haben, erhalten nun neue, weitreichende Möglichkeiten. Ich glaube, dass es nun möglich sein wird, die Menge der "offenen Diagnosen" klar zu reduzieren. Dennoch, nach wie vor gilt, dass noch nicht jeder "seinen genetischen HSP-Nachweis" erhalten wird. Es sind immer noch nicht alle HSP-Gene bekannt. Natürlich wird auch daran gearbeitet.

Festzuhalten bleibt, dass das "Projekt Hochdurchsatzsequenzierer" Ergebnisse gebracht hat, die so gut sind, wie sie beim Start des Vorhabens vor vier Jahren nicht erwartbar waren. Ich sehe darin ein sehr positives Zeichen für unser laufendes Projekt zu den Nonsensemutationen und eine Motivation, das neue Vorhaben ganz intensiv zu unterstützen. So kann es gelingen, dass therapeutische Lösungen für uns entwickelt werden. Und genau aus dem Grund auch hier die HSP-Aufforderung:

..............................Image
Alles Gute
Rudi
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Re: Projekt zur Gendiagnostik bei der HSP

BeitragVerfasst: Di 7. Mai 2013, 09:54
von Jürgen C.
Hallo Rudi,
danke für die ausführliche Antwort. Jetzt kann ich und vermutlich auch viele andere das Projekt Gendiagnose endlich mal in Angrif nehmen. Wie Rudi bereits ausführlich erwähnt hat, ist dieses Ergebnis ein überaus positives Zeichen, dass Forschung sich auszahlt. Auch wenn es manchmal etwas länger dauert. Bleibt zu hoffen, dass das Neuste Projekt ähnlich erfolgreich verläuft. Ich werde es jedenfalls im Rahmen meiner Möglichkeiten unterstützen und bin recht zuversichtlich. Auf diesem Weg möchte ich auch nochmal Danke sagen, für die Initiatoren des neuen Forums und auch denen, die es fast täglich mit Leben füllen. Ich bin mir sicher, dass mann hier besser und vor allem aktueller über neue Entwicklungen rund um die HSP informiert wird als beispielsweise beim Neurologen. Obwohl ich schon länger kein Vereinsmitglied im alten Verein bin, erhalte ich immer noch sehr viele Anrufe von Neuen HSP'lern, da ich immer noch als Ansprechpartner auf der Webside stehe. Ich helfe natürlich trotzdem gerne weiter und verweise dann auch auf das neue Forum, wonach ich nur sehr positive Rückmeldungen bekomme. Die Leute fühlen sich hier bestens informiert und betreut. Also nochmals Danke und weiter so.
Gruß
Jürgen C.

Re: Projekt zur Gendiagnostik bei der HSP

BeitragVerfasst: Mi 8. Mai 2013, 13:34
von Rudi
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Hallo zusammen,

wegen der Nachricht zum Hochdurchsatzsequenzierer erreichten mich einige Rückfragen, die sich alle um die gleichen Themen drehten. Ich stelle deshalb diese Fragen und die Antworten hier ins Forum.

  • Frage 1: Es wird doch immer von mehr als 50 verschiedenen HSP-Genen gesprochen. Warum sind denn dann nur 38 mit dem Hochdurchsatzsequenzierer zu diagnostizieren?
    Antwort 1: Es ist richtig, dass man heute 57 verschiedene HSP-Gene benennen kann. Bei einem Teil dieser Gene ist deren genaue Lage im gesamten Genom aber noch nicht klar. Für eine Diagnose ist jedoch diese genaue Lage zwingend erforderlich. Solange die Lage nicht bekannt ist, weiß man nicht, wo genau bei der Diagnose gesucht werden soll. Auch mit den bisherigen Diagnosemethoden ließen sich diese Gene nicht untersuchen. Die Menge der unklaren Gene wird zum Glück ständig kleiner. Konnte man im letzten Jahr etwa 25 HSP-Gene in ihrer Lage ganz genau bestimmen, so sind es derzeit bereits 39. Das Schaubild von Frau Dr. Schüle zeigt die derzeit benennbaren HSP-Gene.

  • Frage 2: Wie ist das Schaubild von Frau Dr. Schüle zu verstehen?
    Antwort 2: Der innere Kreis zeigt die benennbaren Gene. Das ist die Nummerierung der SPGs von 1 bis 57 (56 und 57 sind noch Fragezeichen). Sobald die genaue Lage eines Gens bekannt ist, bekommt es einen „Namen“. Dann ist das Gen auch diagnostizierbar. Beim SPG4 ist das z.B. SPAST. Die Namen sind in unterschiedlichen Farben geschrieben. Dabei bedeutet die Farbe rot, dass es sich bei diesem Gen um ein dominantes Gen handelt. Blau symbolisiert ein rezessives Gen und gelb stellt die X-chromosomalen Gene dar. Am Rande sei bemerkt, dass die Menge der rezessiven Gene größer ist als die Menge der dominanten Gene. Die SPGs "ohne Namen" lassen sich heute noch nicht diagnostizieren.

  • Frage 3: Wie viele HSP-Gene gibt es eigentlich?
    Antwort 3: Das weiß man bis heute noch nicht. Da es sich bei der HSP um eine Krankheitsgruppe handelt, die sehr ähnliche Symptome zeigt, ist davon auszugehen, dass man auch in den nächsten Jahren weitere HSP-Gene finden wird. Ob dabei sogar die Zahl 100 erreicht werden wird, das lässt sich heute nicht beurteilen. In jedem Fall wird das HSP-Panel im Hochdurchsatzsequenzierer in den nächsten Jahren ständig mit neuen Geninformationen erweitert werden.

  • Frage 4: Warum ist das Ergebnis des Hochdurchsatzsequenzierers eine Motivation für das Forschungsprojekt zu den Nonsensemutationen?
    Antwort 4: Durch den Einsatz dieser neuen Technik werden viele HSP’ler ihren Gennachweis bekommen. Es ist zu erwarten, dass sich auch dort ein hoher Anteil an Nonsensemutationen zeigen wird. Somit könnten noch mehr HSP’ler von positiven Ergebnissen unserer neuen Studie profitieren, wenn wir es gemeinsam schaffen, die erforderlichen Geldmittel zu gewinnen. Das sind 66.666€, wie ihr alle ja bereits wisst.
    Auf der anderen Seite zeigt die erfolgreiche Arbeit am Hochdurchsatzsequenzierer, wie gut unsere Tübinger Forscher sind. Die Qualität ihrer Arbeit wird sich auch im geförderten Projekt zeigen. Und unsere Forscher glauben auch beim neuen Projekt an sich und an den Erfolg ihrer Arbeit. Auch aus diesem Grund haben sie zugesagt, ein Drittel der Kosten, also 33%, selbst zu tragen. Wir als HSP-Erkrankte ziehen den 100%-tigen Nutzen aus diesem Forschereinsatz. Deshalb ist der Erfolg des Hochdurchsatzsequenzierers eine Motivation zum Spenden für das Projekt zu den Nonsensemutationen. Also, werde selbst aktiv! Verlasse dich nicht auf Andere!

Soweit die mehrfach gestellten Fragen und ihre Antworten.

Herzliche Grüße
Rudi