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Schlüssel-Gen im Kampf gegen eine Genkrankheit identifiziert

BeitragVerfasst: Sa 28. Sep 2013, 15:00
von Rudi
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Hallo zusammen,

unten eingestellt ist ein Artikel, der bei vielen Lesern zunächst Unverständnis hervorrufen wird. Es geht da um das Krankheitsbild Mukoviszidose. "Das hat doch nichts mit uns zu tun", könnte eine Reaktion sein. Das ist hier aber anders. Diese Veröffentlichung zeigt neue Wege. Wege, die auch für uns hilfreich sein können.

Unten wird angesprochen, dass die Forscher körpereigene Gene gefunden haben, die den Verlauf einer Erkrankung ‒in diesem Fall der Mukoviszidose‒ positiv beeinflussen können. Der Fachbegriff für solche Gene ist "Modifier-Genes". Damit sind Gene gemeint, die ganz natürlich in unserem Körper vorkommen und die die Fähigkeit besitzen, die Symptome der Erkrankung zu modifizieren, sie also positiv zu beeinflussen. Dieses Thema ist bereits in unser Forumsseite
"Liste häufiger Fragen zur HSP" angesprochen worden. Siehe dazu bitte den Punkt 03.c in diesen Fragen: "Zeitlicher Beginn und Stärke der Symptome auch innerhalb von Familien nicht gleich".

Allein diese Überschrift stellt dar, dass es auch in der HSP sehr große Unterschiede in der Entwicklung der Symptome gibt. Wir wissen das ja alle, weil es bekannt ist, dass sich die Krankheitszeichen selbst innerhalb von Familien ‒also bei gleicher Mutation‒ sehr unterschiedlich entwickeln und darstellen können. Der wesentliche Grund dafür sind vermutlich "Modfier-Gene", also Gene, die die Symptome beeinflussen. Möglicherweise bilden solche Gene sogar die Grundlage dafür, dass sich, trotz nachgewiesener Mutation, keinerlei Krankheitszeichen zeigen. Im oben benannten Beitrag aus der "Liste häufiger Fragen zur HSP" ist eine Arbeit von Frau Dr. Auer Grumbach angesprochen und verlinkt, die die Menge dieser so genannten "asymptomatischen HSP-Verläufe" mit etwa 25% benennt. Es ist zu vermuten, dass der Hintergrund dafür die Fähigkeit und die Wirkungsweise bestimmter Gene ‒nämlich solcher Modifier-Gene‒ sein könnte. Den Mukoviszidose-Forschern scheint in diesem Zusammenhang nun ein Durchbruch gelungen zu sein. Ich bin mir sicher, dass so ein Durchbruch auch in der HSP-Forschung möglich ist.

"Natürlich können das diese Muko-Forscher, die haben ja sehr viel mehr Geld", könnte nun ein berechtigter Hinweis sein. Und natürlich ist das momentan noch so. Aber bedenken wir bitte: Es gibt in Deutschland etwa 8.000 Mukoviszidose-Patienten und es gibt etwa 6.000 HSP-Patienten. Die Menge der Muko-Familien ist nicht entscheidend höher als die Menge der HSP-Familien. Das ist also nicht der Grund dafür, dass die Muko-Forschung so gut unterstützt wird. Ein wesentlicher Grund ist die Aktivität der Muko-Familien. Bedenken wir, dass die Muko-Familien schon sehr früh begonnen haben, ihre Chancen zu sehen und aktiv umzusetzen. Chancen das sind hier die Möglichkeiten, selbst Einfluss auf die Forschung zu nehmen. Auch wir, die HSP-Patienten, zeigen, dass wir diese Chance nutzen wollen. Die Ergebnisse unseres
aktuellen Förderprojekts zeigen das sehr eindrücklich auf. Machen wir bitte weiter! Jeder HSP'ler, der sich bei unserem Forschungsprojekt einbringt, zeigt, dass er etwas verändern will. Jeder HSP'ler, der sich einbringt, zeigt, dass er die große Chance, die sich uns bietet, erkannt hat. HSP'ler sind wach! Sie legen den Grundstein für ihre gesunde Zukunft. Eine gesunde Zukunft für uns, für unsere Kinder und für alle HSP'ler.

Unten nun der angesprochene Beitrag zur Mukoviszidose. Er zeigt, was wir auch erreichen können, wenn wir es denn wollen und wenn wir aktiv sind.


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Herzliche Grüße
Rudi
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Schlüssel-Gen im Kampf gegen Mukoviszidose identifiziert:
Forscher sehen neuen Ansatz für Therapien


27.09.2013

Ein Forscherteam der Universität Regensburg hat gemeinsam mit Wissenschaftlern des European Molecular Biology Laboratory (EMBL) in Heidelberg und der Universität Lissabon einen vielversprechenden Ansatz für neue Therapien gegen Mukoviszidose identifiziert.

Die Forscher um Prof. Dr. Karl Kunzelmann und apl. Prof. Dr. Rainer Schreiber vom Institut für Physiologie der Universität Regensburg entdeckte dabei auch eine Vielzahl von Genen, die einen Einfluss auf die Erkrankung haben, zuvor aber nicht mit Mukoviszidose in Verbindung gebracht wurden. Die Forschungsergebnisse wurden vor wenigen Tagen in der renommierten Fachzeitschrift „Cell“ veröffentlicht.

Mukoviszidose (von lat. „mucus“ für Schleim) ist eine vererbbare Stoffwechselerkrankung, die durch Mutationen des Gens CFTR hervorgerufen wird, das wiederum die Funktion des Proteins ENaC (des sogenannten epithelialen Natriumkanals) kontrolliert. Die CFTR-Mutationen führen zu ENaC-Überfunktionen und auf diese Weise zu Störungen und Verschleimungen in unterschiedlichen Organen: So kann gerade eine Verschleimung der Bronchien zu häufig wiederkehrenden Lungeninfekten oder schwerwiegenden Lungenentzündungen führen, die den Patienten das Atmen erheblich erschweren.

Das einzige bisher verfügbare Medikament, das direkt der Mutation des CFTR-Gens entgegenwirkt, führt lediglich bei den 3 % der Patienten zu guten Ergebnissen, die eine der über 2.000 bisher bekannten CFTR-Mutationen aufweisen. Vor diesem Hintergrund sind Therapieansätze notwendig, die nicht auf die unzähligen Formen der CFTR-Mutationen, sondern direkt auf die Funktionsweise des Proteins ENaC abzielen.

In diesem Zusammenhang ist dem internationalen Forscherteam jetzt ein wichtiger Schritt gelungen. Die Wissenschaftler haben untersucht, wie sich die gezielte Ausschaltung anderer Gene auf die Funktionsweise von ENaC auswirkt. Über ein Breitband-Screening gingen sie eine Liste von über 7.000 Genen systematisch durch. Die Forscher nutzten dafür eine Kombination aus Verfahren der Genetik und der automatisierten Mikroskopie.

Kunzelmann und seine Kollegen stellten fest, dass über 700 Gene einen Einfluss auf die ENaC-Aktivitäten haben, sofern die entsprechenden Gene einzeln ausgeschaltet bzw. unterdrückt werden. Einige davon waren bislang nicht mit Mukoviszidose in Verbindung gebracht worden. Ein besonderer Fund war allerdings das Gen DGKi. Bei der Untersuchung des Gens in Lungenzellen von Mukoviszidose-Patienten stellte sich heraus, dass DGKi ein vielversprechender Ansatzpunkt für Therapien mit neuen Medikamenten sein könnte. Denn die Ausschaltung von DGKi scheint die Effekte der Mukoviszidose umzukehren, aber das Protein ENaC nicht vollständig zu unterdrücken.

Diese vielversprechenden Resultate haben das Interesse der Pharmaindustrie geweckt und dazu geführt, dass die Forscher das Gen DGKi bereits als neuen Angriffspunkt für Medikamente zum Patent angemeldet haben. Vor diesem Hintergrund wollen sie jetzt weitere Moleküle untersuchen, die DGKi ohne größere Nebenwirkungen ausschalten können.

„Unsere Ergebnisse sind ein Ansporn, aber es liegt noch viel Arbeit vor uns“, sagt Kunzelmann. „Wir haben DGKi in unseren Zellen, weil wir es benötigen. Deshalb müssen wir sicher sein, dass neue Medikamente nicht zu unerwünschten Folgen in anderen Teilen unseres Körpers führen.“



Titel der Veröffentlichung:
High-Content siRNA Screen Reveals Global ENaC Regulators and Potential Cystic Fibrosis Therapy Targets. In “Cell” (2013), DOI: 10.1016/j.cell.2013.08.045

Der Original-Artikel im Netz unter:
http://www.cell.com/abstract/S0092-8674%2813%2901076-3

Quelle: http://www.innovations-report.de/html/b ... 20524.html