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Wunderwaffe Stammzellen

BeitragVerfasst: Mi 26. Aug 2015, 21:18
von sportler
Liebe Nutzer des Forums,

ich habe in der Neuen Woche Nr. 35 einen sehr interessanten Beitrag über Stammzellen in der Rubrik Medizin Aktuell gelesen .

In diesem Beitrag wird u. a. darüber informiert, dass sich z.B. neuronale Erkrankungen wie Epilepsie mit körpereigenen Stammzellen therapieren lassen.Im Weiteren wird informiert, dass Patienten mit Schlaganfall und spastischen Lähmungen Hoffnung auf eine Therapie haben können.

Herr Prof. Matthias Freund ist Gründer der Seracell Stammzelltechnologie GmbH und arbeitete lange als Direktor der Uniklinik für Krebs und Blutkrankheiten in Rostock

Kennt jemand hoffentlich weitere Informationen zu diesem Thema ?

Herzliche Grüße

Thorsten

Re: Wunderwaffe Stammzellen

BeitragVerfasst: Do 27. Aug 2015, 11:00
von Rudi
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Hallo Thorsten,

es ist sehr schön, dass du dieses Thema unter der Überschrift "Wunderwaffe Stammzellen" hier eingestellt hast. Gerade das Thema Stammzellen wird gerne so angepriesen, als ob man damit alle Krankheiten lösen könne. Für unsere HSP ist das aber leider nicht so. Und dennoch sind die Stammzellen für unsere HSP-Forschung wichtig. Hier meine Gedanken und Hinweise dazu:

  • In dem zitierten Text wird von "körpereigenen" Stammzellen gesprochen. Die aufgelisteten Krankheiten sind aber nicht genetischer Natur. Wenn nun bedacht wird, dass jede eigene Körperzelle, also auch jede körpereigene Stammzelle, unsere HSP-Mutation in sich trägt, dann ist einleuchtend, dass das bei genetischen Krankheiten so nicht geht. Stell dir bitte ganz einfach vor, die Batterie deines Autos sei defekt. Du musst sie austauschen. Du tauscht sie durch eine andere defekte Batterie. Glaubst du, dass dein Auto nun läuft? Nein! Es ist einleuchtend, dass es keinen Sinn macht, eine Therapie mit Stammzellen zu versuchen, die selbst die HSP-Mutation in sich tragen.
  • Sollte es aber gelingen, den genetischen Fehler in deinen Stammzellen zu korrigieren, dann sieht es ganz anders aus. (Beachte aber bitte, dass das bis heute in menschlichen Zellen nicht gemacht wird). Dann müssten dir deine Stammzellen ins Gehirn gepflanzt werden. Dann müssten sie sich zunächst zu Nervenzellen entwickeln und müssten dann die von der HSP betroffenen Nervenzellen ersetzen. Klingt theoretisch toll. Aber die bei uns betroffenen Nervenzellen sind die längsten im menschlichen Körper. Sie sind rund einen Meter lang. Und die Stammzellen, die müssten nachdem sie sich zu Nervenzellen entwickelt hätten etwa diesen einen Meter wachsen. Das würde einige Jahre dauern.
  • Bedenke außerdem, dass die Zellen miteinander kommunizieren. Das geschieht über Sender (=Axone) und Empfänger (=Dendrite). Jede deiner aktiven Zellen hat im laufe deines Lebens viel gelernt. So hast du etwa ein Jahr gebraucht, bis du laufen konntest. Das müsstest du jetzt wieder lernen, weil man ja die Nervenzellen, die das schon gelernt hatten, durch neue Nervenzellen ersetzen würde. Auch das würde Zeit beanspruchen. Ich glaube, dass du es erkennst, dass Stammzellen bei uns nicht zum Einsatz kommen werden, um als "Ersatzteillieferant" zu arbeiten. Bei Erkrankungen, die nicht genetischer Natur sind, wird sich das sicher in den kommenden Jahrzehnten anders darstellen.
  • Dennoch brauchen wir die Stammzellen. Und zwar in der HSP-Forschung. Hier muss mit menschlichen HSP-Stammzellen gearbeitet werden, um im Labor zu überprüfen, ob z.B. ein medizinischer Wirkstoff einen positiven Effekt auf die HSP hat. Es wäre nicht zu verantworten, das direkt am Menschen zu testen. Aber, wie kommt man zu solchen Stammzellen? Siehe als Beispiel unser Förderprojekt zu den Nonsensemutationen. Hier wird in HSP-Nervenzellen überprüft, ob ein ganz bestimmter Wirkstoff hilfreich sein könnte. (Am Rande erwähne ich, dass von Nonsenesmutationen etwa 25% bis 30% von uns -also etwa 2.000 HSP'ler in Deutschland- betroffen sind. Diese Studie macht also sehr großen Sinn, weil die Ergebnisse vielen helfen können). Die HSP-Nervenzellen werden aus HSP-Stammzellen entwickelt. Und HSP-Stammzellen, die entwickeln unsere Forscher aus Hautzellen von HSP-Patienten. Das ist ein sehr aufwändiges Verfahren, das erst vor wenigen Jahren entwickelt wurde. Das sind die sogenannten "Induzierten pluripotenten Stammzellen". Da solche Zellen die genetische Mutation in sich tragen, die für unsere HSP verantwortlich ist, macht es keinen Sinn, diese Zellen als Therapieoption anzusehen. Sie sind jedoch zu einer extrem wichtigen Grundlage in der HSP-Forschung geworden.
Ich hoffe, dass es mir gelungen ist, zu verdeutlichen, warum die Stammzellen für uns keine Therapieoption sein können. Ich hoffe zudem, dass erkennbar ist, wie wichtig die Forschung mit HSP-Stammzellen für uns ist. Natürlich weiß es jeder, dass solche Forschungen Geld kosten. Natürlich weiß es jeder, dass unser Förderverein solche Forschungen finanziert. Natürlich weiß es jeder, dass wir zur Finanzierung solcher zukunftsorientierten Forschungen auf Spenden angewiesen sind. Natürlich weiß es jeder, dass auch unterhalb dieses Beitrags die Kontodaten für Spenden zu finden sind.

Herzliche Grüße
Rudi