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Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. zur Genomforschung

BeitragVerfasst: Fr 12. Jul 2019, 10:30
von Rudi
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Hallo zusammen,

unter dem Titel "Medizinische Genomsequenzierung Bedeutung für Krankenversorgung und Genomforschung" ist heute eine Veröffentlichung der Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. erschienen. Sie analysiert die aktuelle Situation in Deutschland im Zusammenhang mit seltenen, genetischen Erkrankungen sehr gut und stellt die Notwendigkeiten für Veränderungen sehr klar heraus. Einer der Mitautoren dieser Publikation ist Prof. Dr. Olaf Rieß, Ärztlicher Direktor am Institut für Medizinische Genetik und Angewandte Genomik sowie Vorstandssprecher des Zentrums für Seltene Erkrankungen am Universitätsklinikum Tübingen. Wir kennen ihn und schätzen seine Kompetenz. Er ist mit seinem Team auch für die HSP-Genetik in Tübingen verantwortlich.

Leider ist es technisch nicht möglich, die Publikation der Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. hier sichtbar einzustellen. Ich zitiere daher zunächst einige Kernaussagen und zeige unten den Link zur Publikation an. Hier die ausgewählten Kernaussagen:


  • Die besondere Bedeutung von Genetik und Genomik als Zukunftsdisziplinen muss sich auch politisch widerspiegeln: in einer stärkeren staatlichen Förderung, die der Bedeutung Deutschlands als Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort angemessen ist und verhindert, dass unser Land insbesondere auf dem Gebiet der Genommedizin den Anschluss verpasst.....
  • Um zu den bei der genetischen Krankenversorgung und Humangenomforschung führenden Ländern aufzuschließen, sollte sich Deutschland auf die Erforschung und Diagnose von Krebs, vor allem aber auf die sogenannten seltenen Krankheiten konzentrieren, die überwiegend auf Defekte einzelner Gene zurückgehen und noch immer großenteils unerforscht sind
  • Dafür sollten ausgewählte universitäre Zentren für seltene Krankheiten ........ Zugang zur diagnostischen Ganzgenom-Sequenzierung (Whole Genome Sequencing, WGS) erhalten. Die WGS erlaubt die Erkennung der meisten potenziell krankheitsverursachenden Sequenzvarianten im menschlichen Genom und ist bereits in vielen anderen Ländern eingeführt
  • Die Sequenzierung des gesamten menschlichen Genoms (Whole Genome Sequencing, WGS) ermöglicht die Identifizierung nahezu aller Veränderungen in der DNA, die als Ursache für genetisch bedingte Störungen infrage kommen. Sie unterscheidet sich darin grundlegend von der Exom-Sequenzierung (WES), die im Wesentlichen auf kodierende Regionen beschränkt ist.
  • England hat die WGS bereits als Standardverfahren in die genetische Diagnostik eingeführt. Das Gleiche gilt für verschiedene Zentren für Genommedizin in den USA, Kanada, Australien und in Schweden. Im Rahmen des France Médecine Génomique 2025-Programms, welches sich eng am englischen Modell orientiert, hat Frankreich soeben die ersten beiden Zentren für medizinische Genomsequenzierung eröffnet
  • Rund 80 Prozent der seltenen Krankheiten werden durch eine Mutation in einem einzigen Gen verursacht. Zusammengenommen sind diese „monogenen“ Krankheiten alles andere als selten, und für die meisten von ihnen ist die molekulare Ursache noch immer nicht bekannt.
  • Es gibt einige positive Entwicklungen in Deutschland, wie z. B. das vom Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) finanzierte Translate-NAMSE-Projekt des Nationalen Aktionsbündnisses für Menschen mit seltenen Erkrankungen (NAMSE), an dem derzeit neun universitäre Zentren für seltene Krankheiten in Deutschland beteiligt sind. ......... Allerdings beschränkt sich das Translate-NAMSEProjekt auf die Sequenzierung von Exomen, also auf die „kodierenden“, in Eiweiß übersetzten Abschnitte des Genoms. Diese machen jedoch nur unter zwei Prozent des gesamten Genoms aus; durch die Exom-Sequenzierung wird also im Gegensatz zur WGS ein Großteil der DNA-Sequenzen und ein erheblicher Teil der krankheitsverursachenden Genomveränderungen nicht erfasst.
  • Einige der an Universitätskliniken angesiedelten Humangenetik-Institute in Deutschland besitzen einschlägige Erfahrung bei der diagnostischen Interpretation von WGS- und WES-Daten. Sie kommen als Modelle – oder nach englischem Vorbild als Clinical Genetic Hubs – für den Auf- und Ausbau weiterer klinisch-genetischer Zentren infrage
  • Die technische Durchführung der WGS sollte in Deutschland auf wenige nationale Zentren mit identischer apparativer Ausstattung, einheitlichem Methodenspektrum und hohem Durchsatz konzentriert werden, um eine einheitlich hohe Datenqualität zu sichern und Möglichkeiten zur Kostensenkung optimal zu nutzen
  • Im Unterschied zu England mit seinem staatlich finanzierten Genomics England-Programm, das inzwischen vollständig in das Nationale Gesundheitssystem NHS überführt wurde, und anders als z. B. in den Niederlanden, wo sieben große universitäre klinisch-genetische Zentren für die von den Krankenkassen finanzierte genetische Krankenversorgung verantwortlich sind, ist die universitäre Humangenetik in Deutschland nicht der zunehmenden Bedeutung des Faches entsprechend mitgewachsen.

Die Veröffentlichung der Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. ist
hier per Klick aufrufbar. Bleibt zu hoffen, dass sie dazu beiträgt, dass die Notwendigkeit für politisches Handeln erkannt wird.

Herzliche Grüße
Rudi