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„Ich bin nicht die Einzige“

BeitragVerfasst: So 10. Aug 2014, 12:23
von Rudi
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Ursula Heinisch-Teike leidet unter der Krankheit HSP
Mit ihrem Mann engagiert sie sich für Aufklärung

10.08.2014

„Ich bin nicht die Einzige“

Von Claudia Ihmels

Stuhr. Es begann mit Schwierigkeiten beim Laufen. Was für Ursula Heinisch-Teike folgte, war eine lange Zeit der Unsicherheit, bis die Diagnose feststand: Hereditäre spastische Spinalparalyse, kurz HSP. Die seltene und nicht heilbare Krankheit sollte fortan das Leben der Stuhrerin bestimmen. Mit speziellen Behandlungen versucht sie, das Fortschreiten der Krankheit zu verzögern. Zusammen mit ihrem Mann Enno Teike engagiert sie sich zudem in der Aufklärungsarbeit, die informieren und die Forschung voranbringen soll. Die nächste Veranstaltung findet im September in Brinkum statt.



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© Udo Meissner
Zuversichtlich – auch ohne Hoffnung auf Heilung:
Die an HSP erkrankte Ursula Heinisch-Teike
mit ihrem Mann Enno Teike.



Rund 6000 bis 8000 Menschen sind in Deutschland an hereditärer spastischer Spinalparalyse erkrankt, sagt Enno Teike. Betroffen ist auch seine Frau Ursula Heinisch-Teike. Sie hat 1998 erfahren, dass sie an HSP, so die Abkürzung, leidet. Aus eigener Erfahrung wissen die Teikes, wie schwer es ist, die Krankheit, die eine Degeneration bestimmter Nervenzellen im Rückenmark auslöst, zu diagnostizieren.

Denn die ersten Beschwerden stellten sich bei der heute 71 Jahre alten Stuhrerin schon im Winter 1995/1996 ein. „Ich hatte Schwierigkeiten beim Laufen, mein linkes Bein hemmte den Bewegungsfluss“, erinnert sie sich. Ursula Heinisch-Teike suchte mehrere Ärzte auf, doch niemand konnte ihr sagen, was sie hat. Bei einem Arzt wurde sie sogar als neurotisch-depressiv eingestuft.

„Ich war mir aber sicher, dass ich etwas Schwerwiegendes habe“, berichtet sie. Ihr Verdacht: Parkinson oder Multiple Sklerose. Ihre Mutter habe an Parkinson gelitten, habe man zumindest gesagt. Heinisch-Teike ist sich da aber nicht mehr so sicher, schließlich sei HSP eine Krankheit, die vererbt werden kann. 1998 ließ sie sich schließlich selbst ins Krankenhaus Bremen-Ost einweisen. Sie wollte endlich Klarheit haben, auch wenn sie dafür kämpfen musste. Durch ein Ausschlussverfahren folgte dann die Diagnose HSP.

Die Symptome der Krankheit nahmen schnell zu. „Mein Gehvermögen verschlechterte sich“, schildert Heinisch-Teike die Entwicklung. Dazu seien vermehrt Spastiken und Gleichgewichtsstörungen gekommen. Durch die Spastiken bekommt sie auch heute noch oft nachts krampfartige Schmerzen, außerdem leidet sie unter Schmerzen, die durch die Krankheit verursachte ungewöhnliche Haltung beim Gehen ausgelöst werden. Bei der Fortbewegung hilft ihr mittlerweile ein Rollator, einen Rollstuhl nutzt sie nur in Ausnahmefällen. Seit 2004 habe sich bedingt durch die HSP auch ihre Sprache verlangsamt.

Ihren Beruf als Sekretärin musste Ursula Heinisch-Teike schon 1999 aufgeben. Etwa zur selben Zeit zogen die Eheleute von Bremen nach Stuhr-Moordeich in eine ebenerdige Wohnung. Denn die Hoffnung, dass die Krankheit irgendwann wieder ganz aus ihrem Leben verschwindet, hat Ursula Heinisch-Teike nicht. Aufhalten oder gar heilen lasse sich HSP nicht, „aber man kann den Verlauf durch ein aktives Leben verlangsamen“.

Und genau das tut sie, zum Beispiel mit Krankengymnastik und Logopädie. „Dazu gehört auch viel Eigendisziplin. Man muss sich ein eigenes Programm machen, sonst reicht es nicht“, sagt Ursula Heinisch-Teike. Gerade ist das Ehepaar von einer mehrwöchigen Kur in Bad Soden zurückgekehrt. Dort sei sie sehr gefordert worden. „Das schlaucht, aber man freut sich auch, wenn man etwas leisten kann“, so ihr Fazit. Neben den Behandlungen schätzt sie den Austausch mit anderen Betroffenen. 14 Patienten mit HSP seien sie in Bad Soden gewesen. Es gab einen Gesprächskreis, bei dem man alles, „was man auf der Seele hat“, loswerden konnte.

Große Unterstützung findet sie auch sonst nicht nur bei ihrem Mann, sondern in einer Selbsthilfegruppe. Das habe sie mental wieder aufgerichtet. „Ich bin nicht die Einzige mit dieser Krankheit“, so ihre Erkenntnis. Mit anderen Menschen würde sie dagegen selten über ihre Krankheit sprechen. „Wenn ich mal erklärt habe, was HSP bedeutet, dann ist es auch schnell wieder vergessen. Viele ignorieren die Krankheit und tun so, als sei alles normal mit mir“, schildert sie ihre Erfahrungen. Sie wisse, dass das nicht böse gemeint ist, sondern eher von einer gewissen Hilflosigkeit zeugt.

Kein Vorwurf an die Ärzte
Unter anderem auch deshalb wollen die Teikes aufklären. Sie engagieren sich in der Interessengemeinschaft „Ge(h)n mit HSP, Bremen/Nord-Niedersachsen“, die seit 2012 besteht. „Wir hören bei unseren Treffen auch immer vom Irrweg der Betroffenen bei den Ärzten“, sagt Enno Teike. Das sei kein Vorwurf an die Ärzte, denn die würden die Krankheit schließlich oft gar nicht kennen. „Aber deshalb machen wir uns ja bekannt, damit die Behandlung besser wird“, erklärt der 74-Jährige. Außerdem gebe es einen Förderverein, der HSP-Forschungsprojekte unterstützt.

Vor allem an der Uniklinik in Tübingen werde dazu geforscht. Dass bei HSP noch vieles unklar ist, zeigt sich zum Beispiel daran, dass es rund 40 Formen der Erkrankung gibt, Ursula Heinisch-Teike aber bis heute nicht weiß, unter welcher sie leidet. „Aber die Forschung hat in den vergangenen Jahren Fortschritte gemacht, es wird auch ein Medikament getestet“, sagt sie.

Um weitere Aufklärungsarbeit zu betreiben, veranstaltet die Interessengemeinschaft regelmäßig Treffen. Das nächste findet am Sonnabend, 13. September, im Lohmann-Haus in Stuhr-Brinkum statt. Es richtet sich ausdrücklich an alle Interessierten, nicht nur an Betroffene und Mediziner. Neben Infoständen zu Therapiemöglichkeiten steht ab 10 Uhr ein Vortrag auf dem Programm. Ein Spezialist der Universität Tübingen wird über Neuigkeiten in der Forschung berichten. Ab 13.40 Uhr wird ein Neurologe der Rhein-Sieg-Klinik über psychosoziale Veränderungen bei HSP referieren. Von 13 bis 13.30 Uhr informieren zwei Logopädinnen über gezieltes Atem-, Stimm- und Sprechtraining.

Weitere Informationen gibt es bei Enno Teike (Telefon: 04 21 / 3 46 99 04, E-Mail: et@gehn-mit-hsp.de). Bei ihm sollte man sich auch bis zum 7. September anmelden. Die Teilnahme kostet 15 Euro inklusive Mittagessen.


Quelle: http://www.weser-kurier.de/startseite_a ... 16806.html

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Einladung zum HSP-Info-Tag am Sonnabend, 13. September, im Lohmann-Haus in Stuhr-Brinkum