Seite 1 von 1

18-Jähriger im Rollstuhl auf dem Jakobsweg unterwegs

BeitragVerfasst: Mo 27. Okt 2014, 10:23
von Rudi
...........
Hallo zusammen,

der Südkurier beschreibt in einem Artikel die ungewöhnliche Reise eines sehr willensstarken Menschen. Der 18-jährige Raphael di Ronco aus St. Georgen ist von HSP betroffen und ist momentan auf dem
Jakobsweg in Spanien unterwegs. Er nutzt für den langen Pilgerweg ausschließlich seinen Rollstuhl. Ein großes Kompliment an ihn für diese ungewöhnliche Leistung!!

Herzliche Grüße
Rudi
---------------------------------------


Bild
..
......
...

Pilgerreise: 18-Jähriger im Rollstuhl auf dem Jakobsweg unterwegs

St. Georgen - Der 18-jährige Raphael di Ronco aus St. Georgen ist derzeit mit dem Rollstuhl auf dem berühmten Jakobsweg unterwegs. Sein Weg führt ihn über 2000 Kilometer von St. Georgen bis nach Santiago di Compostella in Spanien. Bei seiner langen Reise bewegt er sich ausschließlich mit eigener Muskelkraft fort, denn einen Hilfsmotor für seinen Rollstuhl wollte er nicht.

Bild
Raphael di Ronco ist gerade auf dem Jakobsweg unterwegs. Das Bild entstand beim Start in St. Georgen. Bild: privat

Autor Christina Nack

Vor dem Start Anfang September hatte er die Räder seines Rollstuhls mit großen Muscheln besprüht, um sich als Pilger auf dem berühmten Jakobsweg zu erkennen zu geben. Außerdem schmückte Raphael di Ronco sein Gefährt mit der Fahne Luxemburgs als Hinweis auf seine Nationalität. Der 18-jährige St. Georgener ist zwar auf Rädern unterwegs nach Santiago di Compostella, sein „handbike“ aber bewegt er ausschließlich mit eigener Muskelkraft. „Einen Hilfsmotor wollte er nicht“, erzählen die Eltern Françoise und Raymond di Ronco, die ihren Sohn auf der 2000 Kilometer langen Reise in Gedanken „wohlwollend, aber auch mit Sorge“ begleiten.

Unheilbarer Gen-Defekt führte zur Lähmung

Als Raphael drei Jahre alt war, wurde beim ihm „Hereditäre spastische Paraparese“ (HSP) diagnostiziert. Durch einen seltenen, unheilbaren Gen-Defekt werden die Beine im Lauf der Jahre gelähmt. Raphael hat jedoch noch eine Restgehfähigkeit, um etwa das kleine Zelt aufzustellen, in dem er vor allem während der ersten Etappen meistens nächtigte. Die Strecke führte von St. Georgen aus über Breisach und Mühlhausen nach Vezelay, einem der großen Startorte des Pilgerwegs in Frankreich. Dieses erste Zwischenziel erreichte er nach zwei Wochen und hatte damit die ersten 550 Kilometer geschafft.

Bei der Planung daheim hatte sich Raphael mit Bedacht für die Vezelay-Route nördlich vom großen Hauptweg durch Spanien entschieden, zu dem sich die Zugangswege aus allen Himmelsrichtungen vereinen. „So konnte er das Massif Central mit den extremen Steigungen vermeiden“, erklären die Eltern, die ihrem Sohn mit dem Finger auf der Jakobsweg-Karte nachreisen und seine Stationen markieren. Unlängst meldete sich Raphael von St. Jean Pieds de Port, einem weiteren bedeutenden Zwischenziel am Fuße der Pyrenäen. Durch Telefonate wissen sie ungefähr, wo er gerade ist, ab und zu schickt er eine Karte.

Zum Beispiel von der Kathedrale in Vezelay, wo ihn der Pater bei der Pilgermesse eigens nach vorn an den Altar bat, um ihm den Segen für die Weiterreise zu erteilen. Solche Nachrichten berühren die Eltern, andere beunruhigen eher. Neulich in Perigeux war das gebraucht gekaufte Einrad schwer lädiert, das Raphael zum Wandern vor seinen Rollstuhl montierte. „Wir rieten zur Zugfahrt nach Lourdes als Notplan“, deutet die Mutter Unterstützungsversuche aus der Ferne an. Doch Raphael sei kein Planer, aber ein „Selbstständigkeitsfanatiker“, der seinem eigenen Willen und seinem guten Stern vertraue. „Das Leben gibt ihm recht, denn er findet immer eine Lösung und alles regelt sich.“ Das kaputte Rad reparierte ein Sanitätsmechaniker, der wundersamer Weise zur rechten Zeit am rechten Ort auftauchte.

Täglich legt der junge Pilger 40 bis 50 Kilometer zurück, gegen 17 Uhr pflegt er sich einen Schlafplatz zu suchen. Manchmal findet er kleine Camping-Plätze, manchmal schlägt er sein Zelt auf weiter Flur auf. Immer häufiger jedoch trifft er nun auch preiswerte Pilgerherbergen an. Er knausert mit seinem Budget, das dank einer Spende der Omas bei rund 20 Euro pro Tag liegt. Ab und zu werde ihr Sohn auch von freundlichen Menschen eingeladen, die ihn als Pilger erkennen, er übernachtete auch in Klöstern. „Täglich schläft er woanders, lernt ständig neue Leute kennen und findet das prima“, berichten die Eltern.

Dass ihr Sohn überhaupt auf die Idee kam, sich nach Abschluss der Schule allein im Rollstuhl auf die weite Reise zu machen, erklären die Eltern mit seiner unbekümmerten Neugier und Lebenslust, mit seinem Freiheitsdrang und dem Wunsch nach Selbstbestimmung. „Hinzu kommt sicherlich ein freigeistiger-spiritueller Hintergrund, aber der Hauptantrieb ist das wohl nicht.“ Außerdem wollte Raphael das Alleinsein ausprobieren und sich Gedanken über seinen weiteren Lebensweg machen. Vorläufig plant er ein Praktikum in einer sozialen Einrichtung und liebäugelt mit Bremen oder Berlin. An der Mischung der Motive fürs Pilgern habe sich seit dem Mittelalter nichts geändert, konstatieren die Eltern: „Auch damals trieb die Menschen nicht nur ein Gelübde, sondern vor allem auch Abenteuerlust an.“

Zur Person

Raphael di Ronco hat im Frühjahr die Fachhochschulreife an der Schwenninger Waldorfschule erworben, wo er als geglücktes Beispiel für schulische Inklusion gilt. Um seine Behinderung hat er nie großes Aufheben gemacht, sondern sich gut damit arrangiert. Eigentlich sollte er für die Abschlussprüfung vom Sportunterricht befreit werden, was er kategorisch ablehnte. Da er als Sport Schwimmen betrieb, konnte er in dieser Disziplin auch seinen Abschluss machen. Ob er an seinem großen Ziel festhalten will, einmal an den Paralympics teilzunehmen, will er nach seiner Rückkehr von Santiago di Compostella entscheiden. Die ist für Mitte November geplant. Größte Herausforderung nach Einschätzung der Eltern ist die Überwindung der Pyrenäen. „Hoffentlich schneit es dann nicht.“ (cn)


Quelle: http://www.suedkurier.de/region/schwarz ... 44,7347304