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Kif1a bei Mutter und Tochter

BeitragVerfasst: Mo 8. Aug 2022, 18:01
von Mandy
Hallo,

Bei meiner Mutter so wie bei mir wurde spg30 Kif1a eine mutaton nachgewiesen.Sollte sich nun mein Vater auch einer Humangenetik unterziehen? Vielen lieben dank

MfG.mandy

Re: Kif1a bei Mutter und Tochter

BeitragVerfasst: Mo 8. Aug 2022, 20:33
von Rudi
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Hallo Mandy,

du gehörst mit dieser Mutation sicher zu der Gruppe der ganz seltenen. Ich glaube, dass ich da nur noch zwei Personen mit einer SPG30 Mutation kenne.

Wenn sich dein Vater auch untersuchen lassen will, dann ist das sicher nur für die Forschung von Interesse. Das SPG30 gibt es nämlich sowohl in der dominanten Form (also Überträger nur durch ein Elternteil) wie auch in der rezessiven Form (also Überträge durch beide Eltern). Ich kenne das SPG30 nun nicht gut genug, um dir sagen zu können, an welchen Mutationspunkten im Gen die eine oder die andere Form vorliegt. Du kannst das aber vermutlich aus deiner eigenen Diagnose erkennen. Wenn man bei dir im SPG30 (genau genommen im väterlich geerbten und im mütterlich geerbten) zwei Mutationen gefunden hat, dann steht das auch Diagnosebericht. Damit wäre dann klar, dass du die Mutation zweimal hast; das wäre dann rezessiv. Wenn man bei dir nur eine Mutation gefunden hat, dann spricht das für eine mögliche dominante Form.

Du siehst, dass du da schnell in der Forschung bist. Ganz interessant könnte das Thema für dich sein, weil der Arzt, der das SPG30 "entdeckt" hat, das ist
Prof Dr. Klebe aus Essen. Er hat schon deshalb ein vertieftes Interesse an SPG30-Patienten. Hier seine Publikation, die 2012 herauskam. Nimm doch mal Kontakt zu ihm auf; du kannst dich gerne auf mich berufen.

Weil das Thema mit der Diagnose für dich nun ganz neu ist, gebe ich dir den Hinweis zu guten Infos zum SPG 30. Gehe bitte in die
"Häufigen Fragen", wähle dort den Punkt "06.b (α) Stets aktualisierte Liste der bekannten HSP-Gene", gehe dort zur Google-Übersetzung und suche die Infos zum SPG30.

Bei Fragen melde dich bitte gerne 07033-36353. Interessant wäre es, zu hören, ob es sich um eine Deletion oder um eine Missensemutation handelt.

Herzliche Grüße
Rudi




Re: Kif1a bei Mutter und Tochter

BeitragVerfasst: Di 9. Aug 2022, 11:08
von Mandy
Hallo,also wortwörtlich steht.

Die im Rahmen der Familienuntersuchung veranlasste molekulargenetische Diagnostik am Uni Tübingen erbrachte keinen Nachweis pathogener oder wahrscheinlich pathogener DNA Varianten,die den angegebenen Phänotyp hinreichend erklären.Es wurde eine heterozygoten Missense Variante unklarer Signifikant c.845T>C,p.lle282Thr im KIf1a gen nachgewiesen.

LG.mandy

Re: Kif1a bei Mutter und Tochter

BeitragVerfasst: Di 9. Aug 2022, 13:28
von Rudi
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Hallo Mandy,

die Uniklinik sagt, dass die bei dir vorliegende Missense-Variante eine unklare Signifikanz hat. Das bedeutet:
Ist ein Testergebnis nicht signifikant, so ist entweder tatsächlich kein Effekt vorhanden oder ein vorhandener Effekt konnte nicht nachgewiesen werden. Aus nicht signifikanten Testresultaten darf also nicht gefolgert werden, dass kein Effekt besteht! Du verspürst den Effekt aus der HSP. Sollte auch deine Mutter diesen Effekt verspüren, so ist es naheliegend, dass das die Ursache ist. Dann wäre die Krankheit dominant. Sollte deine Mutter den Effekt nicht spüren, so ist sie nur Trägerin der Mutation. Dann wäre die Untersuchung deines Vaters sinnvoll. Denn, wenn er auch Träger wäre aber keine Symptome zeigt, dann läge eine rezessive Form vor. Die bei euch vorliegende Mutation ist bisher noch niemals beschrieben worden. Sollte die rezessive Form herauskommen, dann würde die Beschreibung auch anderen HSP’lern helfen, eine schnellere Diagnose zu bekommen. Das ist sinnvoll. Die Blutprobe deines Vaters und die folgende Genanalyse sind absolut unproblematisch und auch schnell zu machen.

Kurz zu eurer Mutation. Bei euch liegt die Mutation im Gen an der Position 845 (c.845T>C). Dort wird die Base T (=Thymin), die in dieser Position stehen sollte, gegen die Base C (=Cytosin) getauscht. Im Eiweiß (p.Ile282Thr) entsteht dadurch der Fehler, dass in der Position 282 die Aminosäure Isoleucin gegen die Aminosäure Threonin getauscht ist. Bildlich gesprochen, ist das Gen mit einem Rezepttext vergleichbar. Durch den Schreibfehler (also die Mutation an Position 845) entsteht im Rezept an Position 282 eine Falschaussage mit der dein Eiweiß hergestellt wird. Im Rezepttext für einen Kuchen hättest du einen vergleichbaren Effekt, wenn dort der Schreibfehler Zucker gegen Salz getauscht hätte. Diesen Tausch nennt man Missense-Mutation.

Alles Gute
Rudi





Re: Kif1a bei Mutter und Tochter

BeitragVerfasst: Mi 10. Aug 2022, 00:09
von Mandy
Vielen dank für deine sehr ausführliche Antwort.meine Mutter hat leider auch typische Symptome und hat auch die klinische Diagnose gestellt bekommen.

LG.mandy..

Ps. Warum ist es nur interessant wenn es rezessiv wäre?

Re: Kif1a bei Mutter und Tochter

BeitragVerfasst: Mi 10. Aug 2022, 08:22
von Rudi
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Hallo Mandy,

Ps. Warum ist es nur interessant wenn es rezessiv wäre?


das lässt sich mit dem was du jetzt mitgeteilt hast, einfach beurteilen:
  • Deine Mutter hat die gleiche Mutation wie du.
  • Eure Mutation liegt in einem Gen, das die HSP verursacht.
  • Deine Mutter zeigt die gleichen Symptome wie du.
  • Bei euch beiden hat man die Mutation jeweils nur einfach gefunden.
Somit liegt ein dominanter und kein rezessiver Vererbungsweg vor. Damit ist eine gesonderte Untersuchung deines Vaters nicht zwingend notwendig. Ich hatte es dir schon im ersten Beitrag geschrieben, dass es beim SPG30 beide Formen gibt.

Beim dominanten Vererbungsweg tritt die Krankheit auf, wenn ein Elternteil bei der Zeugung des Kindes das mutierte Gen weitergibt. Beim rezessiven Vererbungsweg tritt die Krankheit nur dann auf, wenn beide Elternteile das mutierte Gen weitergeben. Damit würde man in einer Gendiagnose das mutierte Gen zweimal finden. Bei dir und bei deiner Mutter wurde es aber nur einmal gefunden. Weil aber deine Mutter und du, weil ihr beide die HSP-Zeichen habt, und weil ihr beider die gleiche Mutation habt, liegt hier ein dominanter Weg vor. Damit ist es nicht erforderlich, dass sich dein Vater testen lässt. Er würde im SPG30 auch keine Mutation zeigen.

Herzliche Grüße
Rudi