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Hallo zusammen,
Ende letzten Jahres hatte ich hier im Forum den Beitrag „Möglicherweise neuer Behandlungsweg für Spastik bei Kindern“ eingestellt. Ich hatte dabei u.a. ein Verfahren namens „Ulzibat-Methode“ angesprochen, das in Deutschland zum einen an der Schön Klinik München und zum anderen an der Praxis für Sportorthopädie in Wernau durchgeführt wird. Es gab einige Rückmeldungen, die ihr auch zum Teil im oben angesprochenen Beitrag lesen könnt.
Ich erhielt von der Familie Wolf aus Bayern eine Nachricht, die mich sehr überrascht hat. Die Familie Wolf war mit ihrem Sohn, der von HSP betroffen ist, zu einem ersten Termin in der Schön Klinik. Nach dem Besuch teilte Familie Wolf mir mit, dass man ihnen dort die Nachricht gegeben habe, dass diese Operationsmethode nicht auf Kinder beschränkt sei, sondern auch bei Erwachsenen gemacht werden könne. Die Klinik verfüge über entsprechende Erfahrungen.
Ich habe mich dann mit der Schön Klink kurzgeschlossen und hatte ein sehr ausführliches Telefonat mit Herrn Dr. Bernius, dem Chefarzt der Klinik. Herr Dr. Bernius teilte mir eingangs mit, dass die Ulzibat-Methode sowohl bei Kindern wie auch bei Erwachsenen möglich sei. An seiner Klinik werde die Methode auch bei erwachsenen MS-Patienten angewandt.
Natürlich war das hochinteressant für mich. Denn schließlich wird ja die spastische Störung bei MS-Patienten durch den gleichen Nerv ausgelöst, der auch bei uns betroffen ist. Zwar ist die Störung am Nerv eine ganz andere, aber behandelt wird ja nicht der Nerv sondern der Muskel. Und dabei sollte es völlig gleichgültig sein, ob der Muskel die spastische Störung durch einen Nerv erhält, der durch die HSP oder durch die MS gestört ist.
Herr Dr. Bernius stellte weiter dar, dass in der Ulzibat-Methode einzelne Muskelfasern oder die zugehörigen Faszien (=Muskelhüllen) durchtrennt werden. Das Ziel sei es dabei, dass diese Fasern wieder zusammenwachsen. Dabei müsse das Zusammenwachsen so geschehen, das Muskelgewebe und kein Narbengewebe entstehe. Ziel sei es, den Muskel zu verlängern, und so der Spastik entgegenzuwirken.
Wie ihr wisst, verkürzen sich bei Menschen mit starker Spastik betroffene Muskelfasern. Das führt u.a. zu Einschränkungen wie der Gehbehinderung bis hin zur Gehunfähigkeit. Da bei Spastik die betroffenen Muskelfasern ständig angespannt sind, verhärten sie sich. Muskelfasern, die nicht spastisch gestört sind, könnten noch richtig arbeiten.
Bildlich lässt sich dies mit einem Gummiband und einem Zwirnfaden vergleichen: Das Gummiband sind die noch funktionstüchtigen Muskelfasern und der Zwirnfaden die hemmenden Fasern. Wenn man nun das Gummiband und den Faden nebeneinander legt und daran gemeinsam zieht, tut sich nichts, da der Faden verhinderte, dass das Gummiband sich in die Länge zieht.
Durch die Ulzibat-Methode wird während einer Operation nun diese straffe Faser und die zugehörige Muskelfaszie durchtrennt, so dass die restlichen Muskelfasern wieder normal funktionieren können. (vergleiche auch „Ulzibat / Myofasciotomie“ aus Praxis für Sportorthopädie, Wernau).
Herr Dr. Bernius machte mich im Telefonat darauf aufmerksam, dass es Sportlern, die einen Muskelfaserriss erlebt haben, ähnlich ergeht. Durch gezielte Maßnahmen wird erreicht, dass an der gerissenen Stelle Muskelgewebe nachwächst. Der Sportler ist dann nach sehr kurzer Zeit wieder voll im Training und nach wenigen Wochen wieder zu 100% belastbar.
Auf meine Frage nach den Erfahrungen bei der HSP stellte Herr Dr. Bernius dar, dass die Erfahrungswerte noch recht gering seien, da sich bisher nur wenige HSP-Patienten gemeldet hätten. Er habe aber nichts dagegen, wenn sich HSP’ler in seiner Klinik vorstellten. Schließlich sei auch der Grad der Behinderung kein Ausschlusskriterium für die Anwendung der Ulzibat-Methode. Natürlich könne man nicht erwarten, dass ein Rollstuhlfahre wieder gesund laufen könne. Aber allein die passive Beweglichkeit würde enorm zunehmen, was sowohl für die Patienten wie auch für die pflegende Person von großem Vorteil sei.
Nach diesem intensiven und langen Gespräch, von dem ihr hier nur Teile lesen könnt, habe ich mit Rainer und Hedwig Steinberger aus Bayern telefoniert. Es erschien uns sinvoll, dass beide zu einem ersten Gesprächstermin zur Schön Klinik fahren. Aus dem Film, den die beiden anlässlich unserer Bewerbung bei der Google-Impact-Challenge gedreht haben, wisst ihr, dass die beiden unterschiedlich stark von der HSP betroffen sind. Gerade deshalb macht es großen Sinn, wenn beide sich dort zu einem Gespräch über die Ulzibat-Methode vorstellen.
Der Besuch dort ist nun für Mitte Mai terminiert. Hedwig und Rainer werden dann hier im Forum ihre Erkenntnisse und ihre persönliche Gesprächsbeurteilung einstellen. Dann erst macht es Sinn, die Ulzibat-Methode intensiver zu erklären, die Behandlungsdauer in der Klinik und die Anschlusstherapien im heimischen Umfeld anzusprechen sowie mögliche Risiken zu thematisieren und sie den erhofften Ergebnissen entgegenzustellen. Erwähnt sei es aber jetzt bereits, dass Dr. Bernius meine Frage zu den Kosten sehr klar dahingehend beantwortet hat, dass es sich hier um eine Leistung der Krankenkassen handele.
Herzliche Grüße
Rudi