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Re: Novelle der Richtlinien zur Heilmittelbehandlung

BeitragVerfasst: So 26. Feb 2012, 19:51
von Lars
Rudi hat geschrieben: Die entsprechenden Verordnungen unterliegen dann nicht der Wirtschaftlichkeitsprüfung
.

In meinen Augen ist das (einmal mehr) eine Formulierung, die nichts aussagt! Denn die Genehmigung liegt weiterhin bei den KK! Somit kann - auch ohne die sogenannte "Wirtschaftlichkeitsprüfung - eine Genehmigung mit anderer Begründung versagt werden. In meinen Augen hat sich für uns Versicherte nichts verbessert. Ich hatte schon in einem anderen Forum meine Erfahrungen niedergeschrieben. Diese decken sich 1:1 mit denen von Nicole. Meine Physiopraxis lehnt die Verordnungen >10 Anwendungen mit Hinweis auf die Wirtschaftlichkeit ("Zahlungsmoral der KK") ab. Für mich läuft alles weiter wie bisher...

Gruß Lars

Re: Novelle der Richtlinien zur Heilmittelbehandlung

BeitragVerfasst: So 26. Feb 2012, 20:31
von Rudi
Hallo Lars,

ich kann deinen Hinweis nun wirklich nicht nachvollziehen. Den Begriff "Wirtschaftlichkeitsprüfung" interpretierst du als "eine Formulierung, die nichts aussagt". Das ist aber zum Glück nicht so.

Zur Definition siehe u.a. http://de.wikipedia.org/wiki/Wirtschaftlichkeitspr%C3%BCfung_(Gesundheitswesen). Dort ist erklärt: "Unter Wirtschaftlichkeitsprüfung versteht man im deutschen Gesundheitswesen nach SGB V die Überwachung ärztlicher (Handlungen des niedergelassenen Arztes) und ärztlich veranlasster Leistungen (Verordnungen) zwecks Einhaltung des in § 12 SGB V verankerten Wirtschaftlichkeitsgebotes. Die Wirtschaftlichkeitsprüfung ist in § 106 SGB V geregelt."

Ein zweiter klärender Fund unter http://www.arztwiki.de/wiki/Wirtschaftlichkeitspr%C3%BCfung. Dort ist erklärt: "Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenkassen überprüfen die Wirtschaftlichkeit der Behandlungs- und Verordnungsweise im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung. § 106 SGB V sieht zwei Prüfarten vor:
  1. die Stichprobenprüfung (umfaßt rund 2% der Ärzte pro Quartal)
  2. die Auffälligkeitsprüfung bei Überschreiten des Fachgruppendurchschnitts oder der Richtgröße.
    Bislang wird die Arzneimittelverordnung vor allem anhand der Durchschnittswerte der Fachgruppe geprüft. Wer den Durchschnitt um 20 bis 50% überschreitet (Übergangszone), ist möglicherweise unwirtschaftlich; in einer Prüfung muß das Prüfgremium dies dem Arzt anhand von Beispielen nachweisen.
    Wer mehr als 50% überschreitet (Regresszone), gilt als unwirtschaftlich und muß selber nachweisen, daß er doch zweckmäßig verordnet hat (Beweisumkehr bei "offensichtlichem Mißverhältnis" zur Vergleichsgruppe)."

Die neue Regelung, so sagt das Gesundheitsministerium nun (vergl. Hinweis in meiner letzten Nachricht), verzichtet jetzt bei chronisch Erkrankten auf diese Überprüfung. Ich weiß nicht, wie der Gesetzgeber das noch klarer regeln soll. :?:

Das Entscheidende ist doch weniger die Verordnungsmenge, sondern viel mehr die Regelung, dass die Mengenbegrenzung entfällt. Das ist doch für viele ein Vorteil. Natürlich können solche Kassen, die vom Patienten den Antrag haben wollen (viele Kassen verzichten auf den Antrag, so dass der Arzt selbst handeln kann) diesen ablehnen. Ich kenne da bisher noch keinen Fall. Es ist dabei auch zu bedenken, dass die Krankenkasse innerhalb von vier Wochen antworten muss. Ansonsten gilt dein Antrag als angenommen und genehmigt. Und wie will das eine Kasse bei einer unheilbaren Erkrankung wohl begründen?? Ich meine, dass das nicht geht.

Aber, wie ja bekannt, wir reden hier immer von den gesetzlichen Kassen. Die Privaten haben andere Regeln und vor allem, sie haben sehr unterschiedliche Verträge mit ihren Versicherten.

Ich werde in den nächsten Tagen mal schauen, ob ich auch zu der Abrechnung etwas finde. Das ist doch so naheliegend, dass es da mit hoher Wahrscheinlichkeit auch bereits eine Lösung gibt. Sollte jemand dazu etwas in Erfahrung bringen, dann bitte ich um Nachricht.

Gruß
Rudi

Re: Novelle der Richtlinien zur Heilmittelbehandlung

BeitragVerfasst: Mo 27. Feb 2012, 07:03
von Lars
Hallo Rudi,

den Begriff "Wirtschaftlichkeitsprüfung" habe ich auch nicht anzweifeln wollen. Ich habe nur gemeint, dass die Krankenkassen weiterhin prüfen und somit auch ablehnen können. Ich kann Dir nicht sagen, wie hoch die Anzahl (prozentual) an Widersprüchen bei Ablehnungen ist, aber die Möglickeit der Ablehnung - und somit eine nicht zustande gekommenen Verordnung - ist weiterhin gegeben. Gesetze regeln auch die Verordnung von Hilfsmitteln und jeder hat das Recht ein Hilfsmittel - dass die jeweilige Behinderung bestmöglich ausgleicht - zu erhalten. Die Realität sieht jedoch ganz anders aus. Genauso macht eine Änderung der Heilmittelverordnung nur Sinn, wenn die Ausführenden - in diesem Fall die Physiopraxen - dieses auch umsetzen müssen! Das ist aber nicht der Fall, wie in meinem Fall gezeigt.

Fakt ist: die Krankenkassen haben weiterhin das letzte Wort und viele Patienten haben nicht die Kraft oder auch Motivation zu kämpfen. Bei denjenigen wo die Änderung zum Tragen kommt, ist das sicherlich eine gute Sache. Aber letztendlich wird vermurlich für die meisten alles wie bisher weiterlaufen. Ich habe mich im übrigen zu diesem Thema ausführlich mit meinem Neurologen, meiner PT und meiner KK unterhalten und die Euphorie zu diesem Thema hielt sich bei allen in Grenzen...

Ich möchte die Änderung nicht schlecht reden, will aber darauf zeigen, dass es in der Praxis noch nicht so funktioniert. Nicht das alle losrennen und meinen jetzt ist alles ganz einfach und jeder spart viel Geld! Das wird (zur Zeit) in der Praxis so nicht so sein.

Gruß Lars

Re: Novelle der Richtlinien zur Heilmittelbehandlung

BeitragVerfasst: Mo 27. Feb 2012, 08:03
von Rudi
Hallo Lars,

du ich teile deine Denk- und Handlungsweise nicht. Ist aber natürlich für dich so ok. Ich bin der Auffassung, dass in Deutschland beschlossene Gestze umgesetzt werden müssen.

Rudi

Re: Novelle der Richtlinien zur Heilmittelbehandlung

BeitragVerfasst: Mi 29. Feb 2012, 13:49
von Rudi
Hallo zusammen,

ich hatte versprochen, dass ich versuche, klare Aussagen zur Frage der Abrechnung bei Langzeitrezepten (Dauer 12 Wochen) zu bekommen. Mein Physiotherapeut konnte nun in Rückfrage bei seiner Abrechnungsstelle klären, dass auch bei Langzeitrezepten eine Abrechnung leider nur nach Abschluss der verordneten Behandlungsmenge möglich ist. Damit ist es dann so, dass nach der Neuregelung zur Verordnungsmenge die Praxen der Physiotherapeuten ein Finanzierungsproblem bekommen können. Mein Physiotherapeut macht da zwar mit, so dass ich je Quartal nur noch ein Rezept mit 50 Behandlungseinheiten einreichen muss. Ich kann mir aber sehr gut vorstellen, dass das nicht jede Praxis so ohne Weiteres machen wird. Hier ist es sicher notwendig, die Politik zu sensibilisieren. Mal schauen, was sich da machen lässt. Ich halte euch weiterhin informiert, gehe aber davon aus, dass das nun etwas Zeit beanspruchen wird.

Gruß
Rudi

Re: Novelle der Richtlinien zur Heilmittelbehandlung

BeitragVerfasst: Fr 13. Apr 2012, 13:33
von holi48
Hallo,

habe diesen Antrag zur langfristigen Genehmigung einer Heilmittelbehandlung bei meiner KK (DAK) gestellt und nach ca. 14-tägiger Berarbeitung
und Begutachtung durch den MDK der Krankenkasse ohne Vorbehalt genehmigt bekommen.

Bei Abgabe des Antrages in der Geschäftstelle der DAK war ich sehr skeptisch, da der Gesetzestext der neuen Heilmittelverordnung wohl vorlag, aber bisher noch keine praktische Erfahrung mit der Umsetzung der neuen Richtlinien hier im Großraum Dortmund gegeben hatte.

Umso mehr freue ich mich über den positiven Bescheid, die mir eine zusätzliche lange und stetige Heilmittelbehandlung gewährleistet.

Mit freundlichem Gruß
Horst

Re: Novelle der Richtlinien zur Heilmittelbehandlung

BeitragVerfasst: Fr 13. Apr 2012, 13:47
von Rudi
Hallo Horst,

danke für die Nachricht. Es ist schön zu hören, dass sich die Information in diesem Forum als brauchbar darstellt und dass sich auch unser Telefonat zum Thema als hilfreich erwiesen hat.

Leider klappt es noch nicht bei jedem! Ich bin aus diesem Grund derzeit in Kontakt mit dem Bundesministerium für Gesundheit. Ich hoffe es sehr, dass ich da in der nächsten Zeit eine Antwort erhalte. Natürlich werde ich dann auch dazu an dieser Stelle berichten.

Herzliche Grüße
Rudi
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P.S.: Herzlichen Dank an jeden, der sich schon engagiert, um Verbesserungen und Fortschritte bei der HSP zu erreichen. Wenn du auch mitmachen willst, dann melde dich bitte bei mir. Tel.: 07033-36353


Re: Novelle der Richtlinien zur Heilmittelbehandlung

BeitragVerfasst: Fr 13. Apr 2012, 14:09
von holi48
Hallo Rudi,

sehe ich auch so, praktische Erfahrung sowie die Information über solche Themen nützen uns allen, damit auch möglichst viele Patienten in den Genuss der neuen Heilmittelverordnung kommen.
Ich stehe selbstverständlich für Fragen zu diesem Thema jederzeit zur Verfügung.

In diesem Sinne bis bald
Horst

Re: Novelle der Richtlinien zur Heilmittelbehandlung

BeitragVerfasst: Mi 25. Apr 2012, 15:58
von Rudi
.
Hallo zusammen,

in meiner letzten Nachricht zum Thema Heilmittelbehandlung hatte ich angesprochen, dass ich wegen der nicht klaren Abrechnungsfrage zu der Menge der Physiotherapiebehandlungen das Bundesministerium für Gesundheit angeschrieben hatte. Heute erhielt ich nun die Antwort. Sie sagt aus, dass die Abrechnungsformalitäten zwischen den Physiotherapeuten und den Krankenkassen zu lösen sind, und dass für diesen Fall nicht das Ministerium zuständig ist.

Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass das eine Aufgabe ist, der sich ein Verband, in dem die Physiotherapeuten organisiert sind, annehmen könnte. Es müsste dann nur durch eine Praxis in die Wege geleitet werden.

Unten mein Schreiben vom 29.2.2012 an das Ministerium. Die Antwort habe ich eingescannt und im Volltext als PDF eingestellt.

Gruß
Rudi
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P.S.: Herzlichen Dank an jeden, der sich schon engagiert, um Verbesserungen und Fortschritte bei der HSP zu erreichen. Wenn du auch mitmachen willst, dann melde dich bitte bei mir. Tel.: 07033-36353
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Anhang 1: Schreiben an das Bundesministerium für Gesundheit vom 29. Feb. 2012


Sehr geehrte Damen und Herren,

mit hohem Interesse habe ich Ihren Artikel „Fragen und Antworten“ auf der Internetseite zu „Fragen und Antworten zum Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung - GKV-VStG“ gelesen. Da ich von einer bisher nicht heilbaren seltenen Erkrankung betroffen bin, gehöre ich in die Gruppe der chronisch Erkrankten. Zur Behandlung meiner Erkrankung (HSP = Hereditäre Spastische Spinalparalyse) ist es erforderlich, dass ich regelmäßig in einer hohen Frequenz Physiotherapie verordnet bekomme. Aus diesem Grund ist die von Ihnen aufgeworfene Frage zur Verbesserung bei Menschen, die chronisch erkrankt sind von Interesse. (Siehe:http://www.bmg.bund.de/krankenversicherung/gkv-versorgungsstrukturgesetz/fragen-antworten.html)

Zitat:
"Was verbessert sich für chronisch erkrankte Menschen?
Versicherte mit langfristigem Heilmittelbedarf (z. B. Menschen mit schweren Behinderungen) erhalten die Möglichkeit, sich die erforderlichen Heilmittel wie Krankengymnastik oder Ergotherapie für einen längeren Zeitraum von ihrer Krankenkasse genehmigen zu lassen. Die entsprechenden Verordnungen unterliegen dann nicht der Wirtschaftlichkeitsprüfung. Durch diese und weitere Regelungen wird die Versorgung mit notwendigen Heilmitteln erleichtert."



Es ist nun zum Glück so, dass ich von meinem Arzt die physiotherapeutische Behandlung für ein Quartal mit einem Rezept verordnet bekam. Das deckt sich mit den neuen Regularien des Versorgungsstrurgesetzes, die entsprechend in das SBG 5 übernommen wurden. Die Praxis für Physiotherapie bekommt nun leider ein unerwartetes Problem. Sie darf dieses Langfristrezept (wöchentlich zwei Doppelbehandlungen, also 48 Behandlungen) erst dann abrechnen, wenn die verordnete Leistung komplett erbracht ist. Damit finanziert die von mir besuchte Praxis die Leistungen über einen langen Zeitraum vor. Da meine Praxis natürlich laufende Ausgaben hat, ist das nicht hinnehmbar.

Ich bin Ihnen dankbar, wenn Sie mir mitteilen könnten, ob es da nicht auch eine sinnvolle Lösung, zum Beispiel in Form von Abschlagszahlungen, geben könnte.

Ich freue mich, von Ihnen zeitnah eine Antwort zu erhalten und verbleibe
mit freundlichem Gruß

Rudolf Kleinsorge
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Anhang 2: Antwortschreiben des Bundesministeriums für Gesundheit als PDF zum Download

Re: Novelle der Richtlinien zur Heilmittelbehandlung

BeitragVerfasst: Mo 14. Mai 2012, 16:52
von Lars
So, nun war ich mit einer neuen Verordnung außerhalb des Regelfalls dran. Mein Arzt bestand auf die neue Langfristverordnung mit dem Ergebnis, dass ich jetzt keine Physio (bzw. zur Zeit nur auf Privatrechnung!) erhalte. Die Langfristverordnung wurde abgelehnt, da diese mit meiner Erkrankung (keine gesicherte Diagnose!) nicht vereinbar ist, d.h. ohne gesicherte Diagnose steht man halt nicht unter den in Frage kommenden Krankheiten.

Jahrelang keine Probleme und jetzt den Streit mit der KK, super....Ich habe es irgendwie kommen sehen und war deshalb skeptisch- war wohl ein Bauchgefühl! Jetzt stehe ich im regen Austausch mit der KK und habe gerade ein neues Schreiben gefaxt...Mal schauen was passiert.

Gruß Lars