Hallo zusammen,
im ersten aktuellen Beitrag zu den Ergebnissen des durch unseren "Förderverein für HSP-Forschung" unterstützten Vorhabens „PreSPG4 – wie entwickelt sich die SPG4 bevor Symptome auftreten?“ hatten wir es schon angesprochen, dass es zu dem Projekt eine zweite Publikation geben wird. Dieser Ergebnisbericht steht nun bereits als Vorabzug online, so dass wir Ihn euch hier anzeigen. Ihr erkennt es einmal mehr auch hier, wie wichtig die Forschung an den Grundlagen der HSP ist.
Die Tübinger HSP-Forscher haben herausgefunden, dass bekannte subklinische Gangveränderungen auftreten, Jahre bevor die Patienten Gangstörungen bemerken. Ziel des zweiten Teils der Pre-SPG4 Studie war es, diese Gangveränderungen zu erforschen und sie messbar zu machen. Der Hintergrund dieser Arbeiten war, diese frühe Phase unserer neurodegenerativen Erkrankung messbar zu machen, um das Fortschreiten der Krankheit durch zukünftige Interventionen frühzeitig aufzuhalten. Damit soll erreicht werden, Behandlungsoptionen einzusetzen, bevor sich eine Beeinträchtigung manifestiert. Den Tübinger HSP-Forschern sei an dieser Stelle ein ausdrücklicher Dank für ihre großartigen Arbeiten ausgesprochen!
In sehr aufwändigen, neuen Verfahren wurde das Gangbild der Studienteilnehmer von einem auf einer Infrarotkamera basierenden Bewegungserfassungssystem aufgenommen und ausgewertet. Diese Merkmale wurden mit der Schwere der Erkrankung verglichen. Das geschah anhand der Spastischen Paraplegie-Bewertungsskala (SPRS) und der Neurofilament-Leichtkette (NfL) als flüssigem Biomarker, der auf Neurodegeneration hinweist. Im Vergleich zu gesunden Teilnehmern der Studie ließ sich bei noch nicht von den HSP-Symptomen betroffenen Mutationsträgern bereits während der Schwungphase ein verändertes Gangbild am Unterschenkel sowie in der Fersenbodenfreiheit messen. Darüber hinaus waren die Bewegungsbereiche für Fuß und Unterschenkel reduziert. Diese Veränderungen traten bei Mutationsträgern ohne quantifizierte Beinspastik in der klinischen Untersuchung auf. Die so gemessenen Gangmerkmale korrelierten mit NfL-Stufen und SPRS-Score und deuten damit sehr frühzeitig auf eine mögliche HSP hin.
Gerne heben wir es an dieser Stelle nochmals hervor, dass auch diese wichtigen Studienergebnisse nur durch euer intensives Mitwirken möglich wurden. Das gilt sowohl für eure ganz persönliche Teilnahme an der Studie, wie auch für das Gewinnen eurer nicht -oder noch nicht- betroffenen Verwandten, wie auch für das Gewinnen der Spenden, die die Durchführung dieser Studie erst ermöglicht hat.
Es sei hier aber auch ganz gezielt darauf hingewiesen, dass der im Internet gefundenen Bericht noch nicht die freigegebene Endfassung ist, so dass die Ergebnisse aktuell noch nicht als Richtschnur für die klinische Praxis verwendet werden sollten. Wir stellen euch unten die Google-Übersetzung des Abstracts ein. Ihr findet hier per Klick die Originalfassung der Arbeit und hier die Google-Übersetzung des Gesamttextes.
Herzliche Grüße
Rudi und Lothar
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Spezifische Gangveränderungen bei prodromaler hereditärer spastischer Paraplegie Typ 4
– preSPG4-Studie
Christian Laßmann, Winfried Ilg, Marc Schneider, Maximilian Völker, Daniel FB Häufle, Rebecca Schüle, Martin Giese, Ludger Schöls, Tim W. Rattay
Quelle: https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2022.04.20.22274071v1.full-text
Dieser Artikel ist ein Preprint und wurde nicht von Experten begutachtet [was bedeutet das?]. Es berichtet über neue medizinische Forschungsergebnisse, die noch ausgewertet werden müssen und daher nicht als Richtschnur für die klinische Praxis verwendet werden sollten.
Abstrakt
Hintergrund Bei der hereditären spastischen Paraplegie Typ 4 (SPG4) können subklinische Gangveränderungen auftreten, Jahre bevor die Patienten Gangstörungen bemerken. Die prodromale Phase einer neurodegenerativen Erkrankung ist von besonderem Interesse, um das Fortschreiten der Krankheit durch zukünftige Interventionen aufzuhalten, bevor sich eine Beeinträchtigung manifestiert.
Ziele Identifizierung spezifischer Bewegungsanomalien vor Manifestation der Gangstörung und Quantifizierung des Krankheitsverlaufs in der Prodromalphase.
Methoden 70 Probanden nahmen an der Ganganalyse teil, darunter 30 prodromale SPAST -Mutationsträger, 17 Patienten mit leichtem bis mäßigem manifestem SPG4 und 23 gesunde Kontrollpersonen. Der Gang wurde von einem auf einer Infrarotkamera basierenden Bewegungserfassungssystem bewertet, um Merkmale wie den Bewegungsbereich und kontinuierliche Winkeltrajektorien zu analysieren. Diese Merkmale wurden mit der Schwere der Erkrankung korreliert, wie anhand der Spastischen Paraplegie-Bewertungsskala (SPRS) und der Neurofilament-Leichtkette (NfL) als flüssiger Biomarker, der auf Neurodegeneration hinweist, bewertet.
Ergebnisse Im Vergleich zu gesunden Kontrollen fanden wir bei prodromalen Mutationsträgern während der Schwungphase ein verändertes Gangbild in den Segmentwinkeln von Unterschenkel (p < 0,05) und Fuß (p < 0,01) sowie in der Fersenbodenfreiheit (p < 0,01) . Darüber hinaus waren die Bewegungsbereiche der Segmentwinkel für Fuß (p < 0,001) und Unterschenkel (p < 0,01) reduziert. Diese Veränderungen traten bei Prodromalmutationsträgern ohne quantifizierte Beinspastik in der klinischen Untersuchung auf. Gangmerkmale korrelierten mit NfL-Stufen und SPRS-Score.
Schlussfolgerung Die Ganganalyse kann Veränderungen bei prodromalen und leicht bis mäßig manifesten SPG4-Patienten quantifizieren. Somit stellen Gangmerkmale vielversprechende motorische Biomarker dar, die den subklinischen Verlauf des spastischen Gangs charakterisieren und helfen könnten, Interventionen in frühen Krankheitsstadien zu bewerten.