Kira Walker war gerade drei Wochen alt, da stellte ihre Mutter fest: Etwas stimmt nicht mit ihrem Kind. Das Baby war ständig hungrig. Der Kinderarzt diagnostizierte einen gefährlich niedrigen Blutzuckerspiegel, was auf Dauer zu Hirnschädigungen führen kann. Alle Therapien schlugen fehl. Schließlich riet der Arzt den verzweifelten Eltern, das Mädchen genetisch untersuchen zu lassen. Nur zwei Tage später lag ein Testergebnis des kompletten Genoms vor: Das Mädchen hatte eine Mutation von seinem Vater geerbt, die die Insulinproduktion beeinträchtigt. Allerdings trugen nicht alle Zellen diese Veränderung. Die Hälfte der Bauchspeicheldrüse wurde entfernt – sechs Monate nach dem Eingriff war Kira gesund.
Jedes Jahr kommen in den USA Tausende todkranke Kinder auf die Welt. Noch bevor die Ärzte wissen, woran sie leiden, sind sie tot. Vielleicht hätte manchen ein Gentest helfen können. Oder die Eltern hätten erfahren können, was sie bei einer erneuten Schwangerschaft bedenken müssen. Das Nationale Gesundheitsinstitut der USA hat nun vier Projekte an zwei Universitäten und zwei Krankenhäusern – darunter die Kinderklinik, die Kira behandelte – mit fünf Millionen Dollar (3,6 Millionen Euro) ausgestattet, um die Chancen und Risiken von Gensequenzierungen von Neugeborenen abzuschätzen. In einem Bostoner Krankenhaus etwa sollen 400 Babys genetisch untersucht werden, die anscheinend völlig gesund auf die Welt kommen. Im Alter von fünf Jahren wollen die Forscher dann überprüfen, ob das Wissen um die genetische Veranlagung die Entwicklung und Behandlung der Kinder im Vergleich zu Kindern beeinflusst hat, die nur den üblichen Routineuntersuchungen unterzogen wurden.
Die Universitäten wollen sich in erster Linie mit ethischen und juristischen Fragen befassen: Wie sieht eine umfassende genetische Beratung der Eltern aus? Wer darf Zugang zu hochsensiblen Daten haben? Was fangen Eltern mit dem Wissen an, dass ihre Kinder Genmutationen in sich tragen – Defekte, die sich behandeln lassen, und solche, von denen heute noch niemand weiß, welche Krankheiten sie vielleicht zur Folge haben werden? Dass die Genomsequenzierung speziell von Neugeborenen dennoch ein richtiger Schritt sei, glaubt Hans-Hilger Ropers, Direktor am Max-Planck-Institut für molekulare Genetik in Berlin. "Da wird ein Kind mit Fehlbildungen geboren, die zum Teil operativ korrigiert werden. Doch dann kommt es zu extremen Gedeihstörungen, man stellt alles Mögliche an, um das Kind am Leben zu halten, aber schließlich versagt die Leber." Ein Gentest hätte vielleicht helfen können, schneller eine Antwort zu finden.
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